OMNIBUS-Initiative

OMNIBUS-Initiative und mögliche Anpassungen des LkSG – Was ist geplant oder bereits umgesetzt?

Die regulatorischen Rahmenbedingungen rund um das Thema „nachhaltige Unternehmensführung“ sind derzeit stark in der Diskussion und befinden sich bereits im Wandel.

In den wesentlichen EU-Regularien, die sicherstellen sollen, dass sich die Unternehmen in der Europäischen Union (EU) in Richtung Klimaneutralität, Menschenrechts- und Umweltschutz bewegen, stehen Anpassungen bevor. Darüber hinaus sind ausweislich der Einigungen von SPD und CDU im Koalitionsvertrag auch auf nationaler Ebene Änderungen vorgesehen, namentlich vor allem beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Die angestrebten Anpassungen stehen im Spannungsfeld einer schwächelnden Wirtschaft einerseits und einer sich beschleunigenden Erderwärmung andererseits. Erst am 15.04.2025 veröffentlichten der EU-Dienst Copernicus und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ihren Bericht „European State of the Climate“. Danach ist Europa der sich am schnellsten erwärmende Kontinent und damit vom Klimawandel besonders betroffen.

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die bereits verabschiedeten und beabsichtigten Änderungen im Zuge der OMNIBUS-Initiative (dazu unter A.), die zu erwartenden Änderungen des LkSG (dazu unter B.) und die damit verbundenen Chancen und Risiken für Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt- und Menschenrechtsschutz (dazu unter C.).

A. OMNIBUS-Initiative

Die OMNIBUS-Initiative wurde von der EU-Kommission am 26.02.2025 öffentlich vorgestellt. Hintergrund ist laut der Kommission die veränderte geopolitische Weltlage, welche Änderungen an wesentlichen Instrumenten für eine nachhaltige Unternehmensführung notwendig machten. Insbesondere gelte es, die EU-Vorschriften zu vereinfachen und so die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern, da freigewordene Kapazitäten neu investiert werden könnten. Auch sollen so die beiden Belange „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Klimaschutz“ enger miteinander verbunden werden. Die von den Vorschlägen betroffenen Rechtsakte, die wiederum Unternehmen direkt betreffen und daher in diesem Beitrag von Interesse sind, sind die Richtlinie (EU) 2022/2464 (CSRD) (dazu unter I.), die Richtlinie (EU) 2024/1760 (CSDDD) (dazu unter II.), die Verordnung (EU) 2023/956 (CBAM) (dazu unter III.) und die Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie-VO). Nicht erfasst von der Initiative ist trotz anhaltender Diskussionen die Verordnung (EU) 2023/1115 (EUDR), auch wenn die EU-Kommission hier ebenfalls Änderungen anstrebt.

Die OMNIBUS-Initiative – soweit unmittelbar für Unternehmen relevant – ist im Wesentlichen in drei Kommissionsvorschläge gegliedert:

Mit dem Kommissionsvorschlag COM (2025) 80 final beabsichtigte die Kommission, den Anwendungsbeginn der CSRD und CSDDD nach hinten zu verschieben. Der Vorschlag wurde am 03.04.2025 vom EU-Parlament und im Anschluss am 14.04.2025 vom Rat der EU unverändert angenommen und am 16.04.2025 im Amtsblatt der EU veröffentlicht (Richtlinie (EU) 2025/794).

Der Kommissionsvorschlag COM (2025) 81 final sieht vor, die CSRD und CSDDD inhaltlich zu ändern, um die Verpflichtungen von Unternehmen aufgrund der Rechtsakte zu reduzieren und zu vereinfachen. Der Vorschlag ist entsprechend des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens an den Rat der EU weitergeleitet worden und soll von den Institutionen prioritär behandelt werden.

Schließlich bezieht sich der Kommissionsvorschlag COM (2025) 87 auf die Änderung von CBAM, mit dem Ziel, die Effizienz des Mechanismus zu erhöhen, u.a. indem Berichtspflichten für Importeure vereinfacht werden sollen. Auch dieser Vorschlag befindet sich am Anfang des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens.

I. CSRD

Die CSRD ist selbst eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU (sog. Rechnungslegungsrichtlinie), der Richtlinie 2004/109/EG (sog. Transparenzrichtlinie), der Richtlinie 2006/43/EG (sog. Abschlussprüfungsrichtlinie) und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (EU-Verordnung zu Abschlussprüfungen). Ihr Ziel ist es, Investoren, Konsumenten und die Zivilgesellschaft über die Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens zu informieren. Auf dieser Grundlage soll eine informierte Entscheidung über ein Investment oder die Inanspruchnahme von Diensten ermöglicht werden. Dafür werden Unternehmen im Anwendungsbereich dazu verpflichtet, zu veröffentlichen, welche Risiken und Chancen sich für das Unternehmen aus sozialen und umweltbezogenen Themen ergeben. Die Berichterstattung erfolgt nach dem European Sustainability Reporting Standard (ESRS) und muss in gewissem Grad von Wirtschaftsprüfern verifiziert werden. Die CSRD muss in nationales Recht umgesetzt werden.

Mit der Verabschiedung der Richtlinie (EU) 2025/794 gelten die mit der CSRD eingeführten Berichtspflichten für solche Unternehmen, die nicht bereits für das Geschäftsjahr 2024 vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sind, je nach Unternehmen erst ab dem 01.01.2027 oder 01.01.2028 und damit ein Jahr später als bisher vorgesehen.

Der Entwurf der Kommission COM (2025) 81 final sieht für die CSRD im Wesentlichen folgende Änderungen vor:

  • Der persönliche Anwendungsbereich soll auf Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten beschränkt werden, die entweder EUR 50 Mio. Umsatz oder eine positive Bilanz über EUR 25 Mio. haben. Hierdurch reduziert sich nach Aussage der Kommission die Anzahl der Unternehmen im Anwendungsbereich um 80 %. Gleichzeitig soll dadurch ein Gleichlauf des Anwendungsbereichs mit der CSDDD erreicht werden, um die Regulierungen enger aufeinander abzustimmen (Änderung Art. 19a der Rechnungslegungsrichtlinie).
  • Alle Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs können sich an einem von der Kommission zu verabschiedenden freiwilligen Standard auf Grundlage der im Dezember 2024 veröffentlichten „Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed SMEs“ (VSME) für etwaige Berichterstattung orientieren. Dieser soll auch als Maximum der Informationen gelten, die Unternehmen im Anwendungsbereich der Richtlinie von ihren befreiten Geschäftspartnern entlang der Lieferkette zur Erfüllung eigener Berichtspflichten anfragen dürfen (Änderung Art. 19a der Rechnungslegungsrichtlinie).
  • Die derzeit noch ausstehenden sektorspezifischen Berichtsstandards sollen nicht verabschiedet werden. Stattdessen werden die bestehenden „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) überarbeitet. Hierbei wird insbesondere eine deutliche Reduzierung der verlangten Datenpunkte angestrebt (Änderung Art. 29b der Rechnungslegungsrichtlinie).
  • Die freiwillige Berichterstattung von Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und weniger als EUR 450 Mio. Umsatz nach der Taxonomie-VO. Sollten sie nach der Taxonomie-VO berichten wollen, müssen sie den Umsatz und bestimmte Kennzahlen offenlegen, während über andere Kennzahlen nur freiwillig berichtet werden muss. Dadurch entfallen laut der Kommission für diese Unternehmen die Kosten für die Berichterstattung nach der Taxonomie-VO. Hintergrund der Regelung dürfte sein, dass eine Berichterstattung nach der Taxonomie-VO auf freiwilliger Basis weiterhin an bestimmte Minimalstandards geknüpft ist (Einführung Art. 19b der Rechnungslegungsrichtlinie).

II. CSDDD

Im Falle der CSDDD wurde durch die Richtlinie (EU) 2025/794 der Anwendungsbeginn für die größten Unternehmen um ein Jahr verschoben, sodass die ersten Unternehmen ab dem 26.07.2028 zur Einhaltung der Vorgaben verpflichtet werden. Die CSDDD muss als Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden.

Die CSDDD verfolgt das Ziel, nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln in Bezug auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen in Unternehmen und entlang ihrer Lieferkette sicherzustellen. Wesentliche Verpflichtungen sind dafür die Identifizierung und Verhinderung von potenziellen und tatsächlichen Menschenrechtsverletzungen und negativen Umweltauswirkungen des Unternehmens selbst und innerhalb seiner Lieferkette. Auch muss ein Klimatransformationsplan verabschiedet und umgesetzt werden, der mit dem Ziel des Pariser Klimaabkommens konform ist.

Der Entwurf der Kommission COM (2025) 81 final sieht für die CSDDD im Wesentlichen folgende Änderungen vor:

  • Unternehmen sollen zukünftig nur noch verpflichtet sein, Sorgfaltspflichten in Bezug auf ihre eigenen Aktivitäten und die ihrer direkten Lieferanten nachzukommen (sog. Tier 1-Ansatz). Nur im Falle von „plausiblen Informationen“ über negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf indirekte Geschäftspartner müssen diese ermittelt und gemindert bzw. verhindert werden. Nach der Kommission sind „plausible Informationen“ zum Beispiel solche, bei denen deutlich wird, dass der direkte Geschäftspartner nur zwischengeschaltet wurde, um die Einhaltung menschen- und umweltrechtlicher Verpflichtungen zu umgehen. Weiterhin soll jedoch sichergestellt werden, dass der unternehmenseigene „Code of Conduct“ entlang der Lieferkette eingehalten wird (Änderung Art. 8 CSDDD).
  • Die Definition von Interessenträgern wird auf Beschäftigte und ihre Repräsentanten sowie Individuen und Gemeinschaften, deren Rechte und Interessen durch die Geschäftstätigkeit direkt betroffen sein könnten, beschränkt. Gleichzeitig müssen Unternehmen zukünftig nur noch „relevante“ und nicht mehr alle potenziell in Frage kommenden Interessenträger einbeziehen (Änderung Art. 3 Abs. 1 Buchst. n) und Art. 13 CSDDD).
  • Unternehmen sollen die Umsetzung, Effektivität und Angemessenheit ihrer Maßnahmen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten künftig statt jährlich nur noch alle fünf Jahre bewerten und überwachen (Änderung Art. 15 CSDDD).
  • Zukünftig soll es keine untere Grenze für ein Zwangsgeld mehr geben. Stattdessen will die Kommission Leitlinien zur Verhängung von Zwangsgeldern verabschieden, damit diese im Einklang mit den zu berücksichtigenden Faktoren eines Verstoßes stehen (Änderung Art. 27 CSDDD).
  • Die Verpflichtung, einen Klimatransformationsplan aufzustellen, wird beibehalten. Er muss zukünftig jedoch nicht umgesetzt werden, sondern lediglich Maßnahmen zur Umsetzung enthalten (Änderung Art. 22 CSDDD).
  • Das EU-weite, zivilrechtliche Haftungsregime soll gestrichen werden. Auch sollen Gewerkschaften oder NGOs nicht mehr dazu ermächtigt werden können, einen Schadensanspruch in Vertretung einer natürlichen Person durchzusetzen. Ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch kommt damit nur in Betracht, wenn er nach nationalem Recht vorgesehen ist (Änderung Art. 29 CSDDD).
  • Die Kommission soll verpflichtet werden, halbjährlich „Best Practices“ und Leitlinien zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten zu veröffentlichen bzw. zu aktualisieren (Änderung Art. 19 CSDDD).

III. CBAM

Ziel der Verordnung ist es, Treibhausgasemissionen zu verringern, einen fairen Preis für den CO2-Ausstoß bei der Herstellung von in die EU eingeführten CO2-intensiven Waren zu erheben und eine sauberere industrielle Produktion durch eine Methode zur Berechnung der grauen Emissionen im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und dem EU-Paket „Fit für 55“ zu fördern. Wesentliche Verpflichtung ist bislang, die in den Einfuhren in die EU enthaltenen direkten und indirekten Treibhausgasemissionen von Waren zu melden. Ab 2026 müssen CO2-Zertifikate käuflich erworben werden, von denen jedes eine bestimmte Menge Treibhausgase „repräsentiert“. Soll dann eine Ware, bei deren Produktion indirekte oder direkte Emissionen angefallen sind, in die EU eingeführt werden, muss die entsprechende Menge CO2-Zertifikate bei der Einfuhr abgegeben werden. So wird die Einfuhr von treibhausgasintensiven Produkten von außerhalb der EU zukünftig teurer.

Der Entwurf der Kommission COM (2025) 87 sieht für CBAM im Wesentlichen folgende Änderungen vor:

  • Der Anwendungsbeginn für den verpflichtenden Kauf von Zertifikaten für die Einfuhr von Waren im Anwendungsbereich der Verordnung wird auf Februar 2027 und damit um ein Jahr verschoben (Änderung Art. 1 Abs. 14 CBAM).
  • Importeure kleiner Mengen von unter CBAM fallenden Waren, deren Import nur einen sehr geringen Teil von enthaltenen Treibhausgasemissionen bedeutet, werden von der Regulierung ausgenommen (Änderung Art.1 Abs. 1 CBAM).
  • Für Importeure im Anwendungsbereich werden die Berichtspflichten verschlankt. Dies betrifft insbesondere die Genehmigungsverfahren vor den nationalen Behörden und der Kommission, die Erhebung von Daten in Drittstaaten, die Verfahren zur Ermittlung der enthaltenen Treibhausgasemissionen und die Möglichkeit der Geltendmachung, dass in Drittstaaten bereits ein CO2-Preis gezahlt wurde (Änderungen verschiedener Artikel).

B. LkSG

Wie bereits im Wahlkampf von der CDU gefordert, soll es Änderungen am LkSG geben. Konkret besagt der Koalitionsvertrag,

„Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab“ (Zeile 1909)

Liest man jedoch die auf dieses Zitat folgenden Zeilen, ist das wohl nicht wortwörtlich der Fall. Das LkSG soll durch die CSDDD, welche „bürokratiearm und vollzugsfreundlich“ in nationales Recht umgesetzt werden soll, ersetzt werden. In Bezug auf das LkSG wird gesagt, dass zwar unmittelbar die Berichtspflichten vollständig entfallen sollen. Die gesetzlichen Sorgfaltspflichten gelten aber weiter, auch wenn keine Sanktionen verhängt werden. Eine Ausnahme sollen nur „massive Menschenrechtsverletzungen“ darstellen, die weiterhin geahndet werden.

Wie die Änderungen sich tatsächlich darstellen, bleibt demnach abzuwarten. Es ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass das Gesetz vollständig abgeschafft und das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen (BAFA) sämtliches Personal in diesem Zuständigkeitsbereich anderweitig unterbringen muss, sondern weiterhin an der Materie arbeitet und Leitfäden erstellt wie zuletzt das Merkblatt zu Brancheninitiativen und Kartellrecht.

C. Einschätzung und Ausblick

Etwaige Änderungen durch die OMNIBUS-Initiative sind nun von einer Einigung zwischen Rat, EU-Parlament und Kommission abhängig. Durch die Richtlinie (EU) 2025/794 hat sich der Gesetzgeber in jedem Fall etwas mehr Zeit verschafft, die aufgrund teils weit auseinanderliegender Position unter den EU-Mitgliedstaaten und innerhalb des Parlaments auch benötigt wird. Interessant wird in diesem Zusammenhang, wie CDU und SPD im Rahmen der deutschen Positionierung zusammenwirken und besonders, wie sich die nationale Umsetzung der Maßnahmen im Anschluss gestaltet.

Ob durch die Änderungsvorschläge im Fall der Verabschiedung die bessere Verzahnung von Wettbewerbsfähigkeit einerseits und Klima- sowie Menschenrechtsschutz andererseits gelingen wird, bleibt abzuwarten. Auf den ersten Blick profitiert zunächst vor allem die Wettbewerbsfähigkeit, indem der persönliche Anwendungsbereich der Rechtsakte begrenzt und die Berichtspflichten reduziert werden. Gerade der Finanzmarkt kann aufgrund der Risiken des Klimawandels im Falle der CSRD-Berichterstattung jedoch auch weiterhin auf zivilrechtlich vereinbarte, tiefergehende Berichtspflichten kleinerer Unternehmen drängen. Zudem können Änderungen im Falle der CSDD auch zu erneuter Rechtsunsicherheit und teilweise ziellosem Handeln der Unternehmen führen. Beispielsweise ist der Begriff der „plausiblen Informationen“ über Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden offen und kann von sicherem Wissen bis hin zu generischen Erkenntnissen über problematische Lieferkettenströme vieles bedeuten. Die Verpflichtung, eigene Sorgfaltspflichtensysteme nur noch alle fünf Jahre zu kontrollieren, trägt dem Umstand, dass komplexe Compliance-Systeme einem sehr regelmäßigen Monitoring samt Evaluierung bedürfen, nicht unbedingt Rechnung. Zuletzt führt der „Rückzug“ auf nationale Haftungsregime erneut zu einer fragmentierten Rechtslage, die insbesondere EU-weit agierenden Unternehmen Unsicherheit bringt. Positiv ist in diesem jedem Fall die Verpflichtung der Kommission, halbjährlich Hilfestellung zu veröffentlichen. Daran mangelte es in der Vergangenheit.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Michael Öttinger und Paul Jäde

Das ändert sich 2025: produktbezogenes Umweltrecht und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts wird das Jahr 2025 auf europäischer Ebene durch weitere Umsetzungsschritte im Rahmen der EU-Batterieverordnung, durch die Vorbereitung auf die EU-Verpackungsverordnung und voraussichtlich durch das weitere Voranschreiten bereits in der Vergangenheit begonnener Themen geprägt sein. Auf nationaler Ebene ist zunächst wohl mit einiger Rechtsunsicherheit zu rechnen, bis der neue Bundestag und die neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnehmen. Auch die weiteren Entwicklungen rund um die Umsetzung der Sorgfaltspflichten in Deutschland werden sicherlich stark von den anstehenden politischen Entwicklungen abhängen, wenngleich gewisse Linien aufgrund europarechtlicher Vorgaben feststehen dürften.

Der vorliegende Beitrag stellt den Auftakt einer Serie an Blog-Beiträgen mit dem gemeinsamen Titel „Das ändert sich 2025“ dar, in denen die Expertinnen und Experten des Teams der Produktkanzlei die relevanten Themen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten überblicksartig zusammenfassen.

In diesem Beitrag werden zunächst die bereits beschlossenen und noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Veränderungen im produktbezogenen Umweltrecht dargestellt (dazu unter A.). In einem zweiten Teil werden die absehbaren Entwicklungen zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette überblicksartig zusammengefasst (dazu unter B.).

A. Produktbezogenes Umweltrecht

Wie schon im vergangenen Jahr, wird die voranschreitende Umsetzung der EU-Batterieverordnung auch im kommenden Jahr von zentraler Bedeutung sein (dazu unter I.). Zudem wird das Jahr 2025 branchenübergreifend ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die erst kürzlich final beschlossene EU-Verpackungsverordnung stehen (dazu unter II.). Auf nationaler Ebene liegt der Fokus in vielen Branchen zunächst weiter auf dem Einwegkunststofffondsgesetz (dazu unter III.). Schließlich werden sich diverse Themen in den kommenden Monaten weiterentwickeln und konkretisieren (dazu unter IV.).

I. EU-Batterieverordnung

Die Verordnung (EU) 2023/1542 (BattVO) gilt EU-weit seit dem 18.02.2024. Die erste Compliance-Frist in diesem Kontext war wiederum der 18.08.2024.Seitdem gelten insbesondere umfangreiche neue formelle Vorgaben. Dies umfasst generell das Erfordernis einer Konformitätsbewertung (mitsamt EU-Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung), verpflichtende Erzeuger-, Einführer- und Identifikationskennzeichnungen und die Pflicht zur Beifügung einer Bedienungsanleitung und von Sicherheitshinweisen. Darüber hinaus sind batteriekategoriespezifisch die neue Stoffbeschränkung für Blei in Gerätebatterien (Art. 6 BattVO i.V.m. Nr. 3 des Anhangs I der BattVO), Anforderungen an die Leistung und Haltbarkeit von wiederaufladbaren Industriebatterien, LV-Batterien und Elektrofahrzeugbatterien (Art. 10 BattVO i.V.m. Anhang IV der BattVO), die Sicherheit von stationären Batterie-Energiespeichersystemen (Art. 12 BattVO i.V.m. Anhang V der BattVO) undInformationen über den Alterungszustand und die voraussichtliche Lebensdauer von stationären Batterie-Energiespeichersystemen, LV-Batterien und Elektrofahrzeugbatterien (Art. 14 BattVO i.V.m. Anhang VII der BattVO) zu nennen.

Im Jahr 2025 ist die Liste der neuen Vorgaben auf den ersten Blick zwar wesentlich kürzer. Allerdings sind davon mehrere Kernbereiche der BattVO betroffen, sodass der Umsetzungs- und Anpassungsaufwand weiterhin hoch bleiben wird. Zu erwähnen sind für 2025 die folgenden Aspekte:

  • CO2-Fußabdruck für Elektrofahrzeugbatterien (Art. 7 BattVO)

Eigentlich sollte es für Elektrofahrzeugbatterien nach Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a) BattVO i.V.m. Anhang II der BattVO bereits ab dem 18.02.2025 verpflichtend sein, eine Erklärung zum CO2-Fußabdruck zu erstellen und jeder Batterie schriftlich beizulegen. Voraussetzung hierfür sind allerdings weitere Konkretisierungen durch die EU-Kommission zur Festlegung der Methode, nach der der CO2-Fußabdruck berechnet und überprüft wird und zum Format der diesbezüglichen Erklärung. Beides sollte durch die EU-Kommission bereits bis zum 18.02.2024 veröffentlicht werden, steckt allerdings nach wie vor im Entwurfsstadium fest (Entwurf bzgl. Berechnung und Entwurf bzgl. Erklärung). Damit greift nun eine Regelung zur Verschiebung des Geltungsbeginns, wonach dieser anstatt am eigentlich vorgesehenen Tag (18.02.2025) erst 12 Monate nach der Veröffentlichung der genannten Rechtsakte liegen wird. Damit wird sich der Geltungsbeginn mindestens auf Anfang bis Mitte 2026 verschieben: Wenn bereits die ersten delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte durch die EU-Kommission nicht rechtzeitig fertig gestellt und veröffentlicht werden können, ist auch bei allen vergleichbaren Konstellationen mit weiteren Verzögerungen zu rechen. Dies betrifft zunächst insbesondere weitere Batteriekategorien im Rahmen von Art. 7 BattVO.

  • Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (Artt. 47 ff. BattVO)

Nach Art. 48 Abs. 1 BattVO müssen Wirtschaftsakteure, die Batterien in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, den in Art. 48 Abs. 2, 3, 49, 50, 52 BattVO festgelegten Verpflichtungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nachkommen. Sie haben zu diesem Zweck Strategien zur Erfüllung der für Batterien geltenden Sorgfaltspflichten einzurichten und umzusetzen. Die Pflichterfüllung ist nach Art. 51 BattVO durch eine notifizierte Stelle zu überprüfen und bei positivem Befund zu genehmigen. Eine solch notifizierte Stelle ist in der Bundesrepublik Deutschland allerdings bislang nicht eingerichtet, sodass das einschlägige Überprüfungsverfahren bislang nicht konkretisiert ist. Eine erste Konkretisierung der Sorgfaltspflichten ist durch Leitlinien zu erwarten, die von der EU-Kommission bis zum 18.02.2025 veröffentlicht werden sollen. Allerdings ist fraglich, ob diese tatsächlich rechtzeitig veröffentlicht werden. Vor diesem Hintergrund kann sich die Vorbereitung der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten zunächst nur am vagen gesetzlichen Wortlaut und an allgemeinen Prinzipien, beispielsweise auch solcher nach dem LkSG, orientieren.

  • Erweiterte Herstellerverantwortung (Artt. 54 ff. BattVO)

Die Regelungen zur erweiterten Herstellerverantwortung nach den Artt. 54 ff. BattVO gelten ebenfalls ab dem 18.08.2025. Sie entwickeln das bestehende Regime nach der Richtlinie 2006/66/EG fort, welches in Deutschland gegenwärtig im BattG umgesetzt ist. Dabei bleiben die Grundstrukturen der Herstellerregistrierung und der Rücknahmepflichten durch Hersteller und Vertreiber grundsätzlich zwar beibehalten, werden aber in zahlreichen Aspekten weiterentwickelt und verschärft. Die Detailregelungen werden in den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen, die diese in nationalen Rechtsakten etablieren müssen. Gegenwärtig liegt in Deutschland hierfür zwar der Entwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Batterierechts an die Verordnung (EU) 2023/1542 (Batterierecht-EU-Anpassungsgesetz – Batt-EU-AnpG) vor; ob dieser noch vor den Neuwahlen im Februar final beschlossen wird, ist aber mehr als fraglich. Für betroffene Wirtschaftsakteure ist damit gegenwärtig eine enorme Rechtsunsicherheit verbunden. Es kann daher nur empfohlen werden, die nationalen Entwicklungen in allen relevanten Mitgliedstaaten aufmerksam zu verfolgen.

Ergänzend zu den neu hinzutretenden Pflichten ist zu erwarten, dass der Vollzug der bereits geltenden Vorgaben an Fahrt aufnehmen wird, sodass sich die ergriffenen Umsetzungsmaßnahmen nun erstmals in der Praxis bewähren müssen. Hierbei bleibt zu hoffen, dass die zuständigen Behörden mit Augenmaß vorgehen und somit einen Beitrag zur praxistauglichen Anwendung der BattVO leisten.

II. EU-Verpackungsverordnung

Nach einem über zweijährigen Gesetzgebungsverfahren hat der Rat am 16.12.204 die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (VerpackVO) final angenommen. Damit steht nur noch deren Veröffentlichung im Amtsblatt der EU aus, bevor diese 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten Gültigkeit erlangen wird. Dies wird – abhängig vom genauen Zeitpunkt der Veröffentlichung – voraussichtlich Mitte 2026 sein, sodass im Jahr 2025 noch keine gesetzlichen Pflichten bestehen. Spätestens bis Mitte 2026 wird auch das nationale Verpackungsrecht an die neuen Vorgaben anzupassen sein.

Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die VerpackVO – ähnlich wie die bereits gültige BattVO – umfassende Neuerungen mit sich bringt. Das Verpackungsrecht wird von einem Abfallregime zu einer Lebenszyklusregulierung mit umfassenden Nachhaltigkeitsvorgaben weiterentwickelt. Hiervon werden die komplette Verpackungsbranche, d.h. alle Wirtschaftsakteure, die Produkte verpacken und verpackte Produkte vertreiben, betroffen sein. Für eine vollständige und rechtzeitige Umsetzung aller Vorgaben ist es unerlässlich, dass jedenfalls alle Lieferanten von Verpackungsmaterialien und Verpackungen einerseits sowie alle verpackenden Wirtschaftsakteure andererseits zeitnah damit beginnen, die jeweiligen Rollen unter der VerpackVO gemeinsam zuzuordnen und notwendige Umsetzungsschritte zu initiieren.

Die gesetzliche Erzeugerdefinition in Art. 3 Nr. 14 VerpackVO sorgt hier jedoch leider nicht für Klarheit. Hiernach ist „jede natürliche oder juristische Person, die Verpackungen oder ein verpacktes Produkt herstellt“, als Erzeuger anzusehen, ohne dass weitere Kriterien oder Bedingungen dafür vorgesehen sind, welcher der beiden alternativ genannten Akteure wann als verantwortlicher Erzeuger anzusehen ist. Verstärkt wird diese Unsicherheit dadurch, dass Art. 3 Nr. 16 VerpackVO „jede natürliche oder juristische Person, die Verpackungen oder Verpackungsmaterial an einen Erzeuger liefert“ als Lieferanten definiert. Damit bleibt völlig unklar, ob nun der Lieferant einer fertigen Verpackung, also beispielsweise einer vorkonfektionierten Faltschachtel, oder erst derjenige, der diese mit seinen Waren befüllt, als Erzeuger im Sinne von Art. 3 Nr. 14 VerpackVO anzusehen ist. Vor diesem Hintergrund bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission zügig entsprechende Auslegungshinweise veröffentlicht, um die weichenstellende Rollenklärung rechtssicher zu ermöglichen.

In zeitlicher Hinsicht werden die Regelungen der VerpackVO nicht alle direkt ab Mitte 2026 gelten, sondern gestaffelt einzuhalten sein. Zentral sind hier unmittelbar ab 2026 eine komplett neue Konformitätsbewertungspflicht mit EU-Konformitätserklärung, aber ohne CE-Kennzeichnung (Artt. 35 ff. VerpackVO) sowie eine Erzeuger-, Importeur- und Identifikationskennzeichnungspflicht (Artt. 15 Abs. 5, 6, 18 Abs. 3 VerpackVO).

Der Großteil der neuen zentralen Nachhaltigkeitspflichten wie

  • die Recyclingfähigkeit (Art. 6 VerpackVO),
  • der Mindestrezyklatanteil in Kunststoffverpackungen (Art. 7 VerpackVO),
  • die Pflicht zur Minimierung von Verpackungen (Art. 10 VerpackVO),
  • das Verbot übermäßiger Verpackungen (Art. 24 VerpackVO),
  • die Beschränkung bestimmter Verpackungsformate (Art. 25 VerpackVO) und
  • die gesamten Vorgaben zur Wiederverwendbarkeit (Artt. 11, 26 ff. VerpackVO)

wird jedoch erst ab dem 01.01.2030 gelten. Voraussichtlich schon ab Anfang 2028 werden wiederum neue, EU-weit einheitliche Verpackungskennzeichnungsregelungen verpflichtend sein, welche dann dem nationalen Flickenteppich endgültig den Garaus machen dürften.

III. Einwegkunststofffondsgesetz

Auf nationaler Ebene sorgte in den letzten Wochen und Monaten das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) in den betroffenen Branchen für erhebliche Furore. Dieses Gesetz gilt grundsätzlich bereits seit dem 01.01.2024 und ordnet insbesondere eine Registrierungspflicht für Hersteller von erfassten Einwegkunststoffprodukten (Lebensmittelbehälter, Tüten und Folienverpackungen mit Lebensmittelinhalt, Getränkebehälter, -flaschen und -becher, leichte Kunststofftragetaschen, Feuchttücher, Luftballons und Tabakfilter) in der DIVID-Plattform des Umweltbundesamtes (UBA) an. Zum 01.01.2025 sind nun auch die weiteren Vorschriften zur jährlichen Mengenmeldung (abzugeben bis zum 15.05. eines Jahres in Bezug auf das vorausgegangene Jahr) und der darauf bezogenen Abgabenpflicht in Kraft getreten.

Allerdings hat das UBA in den letzten Monaten einige sehr kontroverse Entscheidung getroffen, welche die im Markt bis dato angenommene Rollenverteilung infrage beziehungsweise sogar auf den Kopf stellen. Ganz zentral ist insoweit die Allgemeinverfügung des UBA zu einem unbefüllten Joghurtbecher (HIER abrufbar). Darin hat das Umweltbundesamt entschieden, dass auch ein unbefüllter Joghurtbecher als gesetzlich erfasster Lebensmittelbehälter anzusehen und sein Produzent daher Hersteller im Sinne des Gesetzes sei. Damit trifft die Registrierungs-, Mengenmelde- und Abgabenpflicht nach Auslegung des UBA nicht denjenigen, der den Becher mit Joghurt befüllt, sondern greift bereits eine Stufe früher. Zwar ist gegen diese weitreichende Einordnung ein Rechtsbehelf erhoben worden; jedoch dürfte die Entscheidung hierüber nicht ganz zeitnah zu erwarten sein. In Kombination mit dem erheblichen Bearbeitungsrückstand bei gestellten Einordnungsanträgen und weiteren Rechtsbehelfen, die gegen Einordnungsentscheidungen erhoben wurden, herrscht durchaus eine nicht unerhebliche Verunsicherung im Markt. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Pflichten ausgesetzt oder anderweitig suspendiert werden. Daher sollte jeder Marktakteur – nach Möglichkeit in Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten und Kunden – eine vertretbare Umsetzungsstrategie wählen und umsetzen.

Weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „EU-Verpackungsverordnung auf den letzten Metern“ enthalten.

IV. Weitere Entwicklungen im Überblick

Über die BattVO und die VerpackVO hinaus stehen im Jahr 2025 weitere, umfassende Gesetzesvorhaben im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts auf der Agenda der EU. Hierbei sind die folgenden Themen hervorzuheben:

  • Der Mitte 2023 veröffentlichte Entwurf für eine Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie befindet sich seit Oktober 2024 in den Trilogverhandlungen. Mit dem vorliegenden Entwurf soll insbesondere auch ein Regime zur erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien und Schuhe eingeführt werden. Dies würde dann zu nationalen Registrierungs- und Rücknahmepflichten führen. In zeitlicher Hinsicht ist zu erwarten, dass das Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2025 abgeschlossen wird und die neuen Pflichten möglicherweise ab 2027 gelten werden. Dies wäre dann die zweite Stufe hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft, nachdem alle Mitgliedstaaten seit dem 01.01.2025 eigentlich bereits eine getrennte Sammlung von Textilabfällen einführen mussten (vgl. Art. 11 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2008/98/EG, umgesetzt in Deutschland in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 und S. 2 KrWG).
  • Ein großer Unsicherheitsfaktor im Bereich der Elektronikindustrie ist weiterhin die sehr schleppende und intransparente Entscheidung über Verlängerungsanträge zu Stoffbeschränkungen unter der RoHS-Richtlinie (Richtlinie 2011/65/EU). Da inzwischen zahlreiche Bewertungen zu zusammenhängenden Themen vorliegen, kann für das Jahr 2025 wohl mit Entscheidungen über essenzielle Ausnahmen für Blei und Cadmium gerechnet werden. Nach einem vorliegenden Entwurf soll das Entscheidungsverfahren zu Ausnahmen unter der RoHS-Richtlinie künftig stärker fristengebunden, transparenter und unter Einbeziehung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ablaufen.

Auf nationaler Ebene ist der Start in das Jahr 2025 durch die gegenwärtige politische Situation in Deutschland geprägt, in welcher die aktuellen Regierungsparteien keine Mehrheit im (aufgelösten) Bundestag mehr haben und Neuwahlen im Februar bevorstehen. Im Lichte dessen scheint es nahezu ausgeschlossen, dass von der gegenwärtigen Regierung (schon) angestoßene Gesetzgebungsprojekte im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts noch zu Ende gebracht werden. Vielmehr werden diese dem Diskontinuitätsprinzip zum Opfer fallen. Dies betrifft insbesondere den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, mit dem die generellen Rücknahme- und Informationspflichten ausgeweitet und neue Pflichten in Bezug auf Einweg-E-Zigaretten eingeführt werden sollen. Auch weitere Themen wie beispielsweise die Fortentwicklung des nationalen Verpackungsrechts werden bis auf Weiteres auf Eis liegen.

B. Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Das immer dichter werdende Geflecht an Vorgaben zu menschenrechts- und umweltbezogenen Vorgaben in der Lieferkette führt trotz stets wohlgemeinter Intention inzwischen zu einem kaum mehr durchschaubaren Labyrinth an Pflichten, Rechten, Ausnahmen und Gegenausnahmen. Gerade der EU-Gesetzgeber hat mit der Richtlinie (EU) 2024/1760 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD), der Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR), der Verordnung (EU) 2024/3015 über das Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten (FLR) und den Sorgfaltspflichten in der BattVO ein Dickicht geschaffen, welches den Blick auf das Wesentliche nach und nach verstellt anstatt Licht ins Dunkel zu bringen. Dazu trägt ganz entscheidend der Umstand bei, dass die einzelnen Regelungsregime nicht aufeinander abgestimmt sind, Themen mehrfach adressiert werden und einzelne Aspekte trotz ihrer hehren Intention in der Praxis nicht realisierbar sind.

In inhaltlicher Hinsicht ist an dieser Stelle erwähnenswert, dass die Geltung der EUDR (sog. EU-Entwaldungsverordnung) kurz vor ihrem eigentlich geplanten Geltungsbeginn am 30.12.2024 durch die Verordnung (EU) 2024/3234 um ein Jahr auf den 30.12.2025 verschoben wurde. Allerdings sollte dies nicht zum Anlass genommen werden, die Umsetzungsbemühungen (zeitweise) einzustellen, da diese nach wie vor komplexe und weitreichende Maßnahmen mit unter Umständen tiefgreifenden Eingriffen in der gesamten Lieferkette erfordern. Der Geltungsbeginn der FLR (sog. Forced Labour Regulation) zum 14.12.2027 liegt zwar noch weiter in der Zukunft, jedoch macht diese EU-Verordnung Maßnahmen zur Sicherstellung der Freiheit der gesamten Lieferkette von jeglicher Zwangsarbeit erforderlich. Hierfür wird bei komplexeren Lieferketten ein mehrjähriger Vorlauf durchaus erforderlich sein.

Hinsichtlich der nationalen Perspektive wird es nach den Neuwahlen und der Bildung einer neuen Regierung sicherlich zu Anpassungen am LkSG kommen. Dies nicht nur, um der Umsetzungspflicht für die CSDDD bis zum 26.07.2026 (weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) – Was verändert sich in Deutschland?“ enthalten) nachzukommen, sondern auch um neue Erkenntnisse aus der Umsetzung und politische Zielvorstellungen zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund sind verlässliche Prognosen an dieser Stelle zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Was freilich nahezu sicher sein dürfte – wenn das LkSG in überhaupt Kraft bleibt –, ist die Anknüpfung der Berichtspflicht unter dem LkSG an die Berichtspflicht unter der CSRD. Zwar wird über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CSRD hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen in der laufenden Legislaturperiode wohl nicht mehr final beschlossen werden. Es scheint aber über Parteigrenzen hinweg Einigkeit darüber zu bestehen, dass zumindest diese Angleichung zwingend erforderlich ist.

Ausblick

Die nationalen Entwicklungen im produktbezogenen Umweltrecht und beim Schutz von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Belangen in Lieferketten werden entscheidend vom Ausgang der Neuwahlen im Februar 2025 abhängen. Bereits vorgenommene Weichenstellungen könnten daher ebenso unverhofft wie plötzlich verändert werden, sodass die betroffenen Unternehmen möglicherweise neue Richtungen einschlagen müssen. Wo dies zu einem Abbau unnötiger Vorgaben und Formalien führt, wäre eine solche Entwicklung sicherlich zu begrüßen. Wenn indes um der einfachen Botschaft willen weitreichende Einschnitte angekündigt und unter Umständen vorgenommen werden sollen, sollte dies mit Blick auf die Rechtssicherheit, die Kohärenz von gesetzlichen Regelungen und die Abwägung aller relevanten Schutzgüter mit Bedacht erfolgen.

So oder so wird allen Wirtschaftsakteuren ein turbulentes Jahr 2025 bevorstehen, in dem über die nationalen Entwicklungen hinaus seitens der EU mit einer weiter zunehmenden Regulierungsdichte gerechnet werden kann. Allerdings muss wohl auch davon ausgegangen werden, dass gesetzlich vorgesehene Leitlinien und Tertiärrechtsakte nur mit massiven Verzögerungen veröffentlicht werden. Jedenfalls muss der Fokus im Jahr 2025 mehr denn je auf einem engmaschigen Monitoring neuer Entwicklungen und einem fundierten Verständnis anstehender Themen liegen, um daraus die richtigen operativen und strategischen Maßnahmen ableiten zu können.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Michael Öttinger.

EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) – Was verändert sich in Deutschland?

Die Richtlinie (EU) 2024/1760 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist am 05.07.2024 im Amtsblatt der EU verkündet worden und bereits am 25.07.2024 in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedstaaten haben nun bis zum 26.07.2026 Zeit, die neuen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

Viele Mitgliedstaaten können die EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie (vielfach als CSDDD für Corporate Sustainability Due Diligence Directive) sprichwörtlich auf der grünen Wiese umsetzen, da sie auf diesem Gebiet bislang keine nationalen Vorgaben erlassen haben. Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich hingegen aufgrund des seit dem 01.01.2023 geltenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) bekanntlich in einer Sondersituation. Da die CSDDD – vergleichbar zum LkSG – umfassende Sorgfaltspflichten in der Lieferkette normiert, die ebenfalls unabhängig vom Produkt, der Branche und der Lieferkettenstruktur gelten, stellt sich für Deutschland die Frage, ob und wie das LkSG an die CSDDD anzupassen ist.

I. Wo liegen die Unterschiede zum LkSG?

Da die CSDDD grundsätzlich eine ähnliche Regelungsstruktur wie das LkSG aufweist, ist sicher nicht mit einer grundlegenden Umstrukturierung des LkSG zu rechnen. Die Sorgfaltspflichtenarchitektur, die auf einer Risikoanalyse basiert und – darauf aufbauend – Präventions- und Abhilfemaßnahmen bei Risiken und Verstößen gegen die erfassten Menschenrechte und Umweltbelange verlangt, wird als Kern der Regelung bestehen bleiben. Gleiches gilt auch für die flankierenden Beschwerdeverfahren, Dokumentations- und Informationspflichten.

Innerhalb dieses Rahmens macht die CSDDD allerdings zahlreiche Anpassungen erforderlich, die zu beachtlichen Verschiebungen und Veränderungen führen werden. Schlaglichtartig sind dabei folgende Aspekte besonders relevant:

  • Art. 2 CSDDD engt den personellen Anwendungsbereich des LkSG zunächst dahingehend ein, dass neben der Arbeitnehmerschwelle eine zusätzliche Umsatzschwelle von EUR 450 Mio. jährlichem Nettoumsatz (weltweit) eingeführt wird. Erweitert wird der Anwendungsbereich demgegenüber im Hinblick auf nicht in der EU ansässige Unternehmen, die jedoch innerhalb der EU die genannten Umsatzschwelle erreichen. Zudem fallen künftig auch bestimmte Franchise- und Lizenzkonstellationen in den Anwendungsbereich.
  • In zeitlicher Hinsicht sieht Art. 37 CSDDD folgende Staffelung vor: Geltung ab dem 26.07.2027 für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz > EUR 1,5 Mrd., ab dem 26.07.2028 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und einem Nettoumsatz > EUR 900 Mio. und ab dem 26.07.2029 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und Nettoumsatz > EUR 450 Mio.
  • Folgende Menschenrechte und Umweltbelange kommen durch die CSDDD hinzu: Biologische Vielfalt, Artenschutz (CITES), Rotterdam-Übereinkommen bezüglich Ein- und Ausfuhr von Chemikalien, Schutz der Ozonschicht (Wiener Konvention und Montreal Protokoll), Naturerbe nach dem Welterbeübereinkommen, Feuchtgebiete nach dem Übereinkommen von Ramsar, Verschmutzung durch Schiffe, Verschmutzung der Meere nach dem Seerechtsübereinkommen, Verbot willkürlicher Eingriffe in das Privatleben, die Familie, die Wohnung und den Schriftverkehr, Verbot der Beeinträchtigung der Gedanken-, Gewissens und Glaubensfreiheit und generelle Kinderrechte.
  • Die CSDDD enthält im Vergleich zum LkSG keine Beschränkung dahingehend, welche Teile der vorgelagerten Lieferketten in die Sorgfaltspflichten einzubeziehen sind. Demnach müssen künftig auch alle mittelbaren Lieferanten betrachtet werden. Die begrifflichen Unterschiede, wonach die Lieferkette in der CSDDD als Aktivitätenkette und mittelbare Lieferanten als indirekte Geschäftspartner bezeichnet werden, dürften bei Lichte betrachtet daher keine inhaltlichen Auswirkungen haben.
  • Neben der schon in § 7 LkSG enthaltenen Abhilfepflicht, die als Pflicht zur grundsätzlichen Beendigung einer Verletzung formuliert ist, fordert die CSDDD künftig auch die Einführung einer Pflicht zur Rückgängigmachung negativer Auswirkungen oder jedenfalls einer finanziellen Kompensation eingetretener Schäden (Art. 12 CSDDD in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. t) CSDDD).
  • Erleichterungen wird es sodann für eine Vielzahl der erfassten Unternehmen im Hinblick auf die Berichtspflicht geben. Nach Art. 16 CSDDD soll der CSRD-Bericht nach der Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen künftig auch zur Erfüllung der Berichtspflicht unter der CSDDD gelten. Nur solche Unternehmen, die (noch) nicht unter die CSRD-Berichtspflicht fallen, müssen also künftig noch einen eigenständigen Bericht für Zwecke der CSDDD bzw. des LkSG erstellen.
  • Der nach Art. 22 CSDDD geforderte Plan zur Minimierung der Folgen des Klimawandels ist im System der CSDDD systemfremd, da er selbst nach den dortigen Regelungen keine Sorgfaltspflicht im eigentlichen Sinne darstellt. Die geforderte wissenschaftliche Fundierung wird erfahrungsgemäß zahlreiche Unternehmen vor große Hürden stellen. Schließlich dürfte das LkSG nicht der richtige Ort für eine Umsetzung in nationales Recht sein.
  • Im Hinblick auf die zivilrechtliche Haftung für Sorgfaltspflichtenverstöße wird der deutsche Gesetzgeber gezwungenermaßen eine 180-Grad-Wende vollziehen müssen, da Art. 29 CSDDD die Mitgliedstaaten zur Einführung einer zivilrechtlichen Haftung bei Verstößen gegen die Verhinderungs- und Behebungspflichten aus den Artt. 10 f. CSDDD verpflichtet.

II. Wann und wie wird das LkSG voraussichtlich angepasst?

Als EU-Richtlinie muss die CSDDD bis zum 26.07.2026 in nationales Recht umgesetzt werden, sodass das LkSG spätestens bis zu diesem Zeitpunkt angepasst sein muss. Hierfür sieht die CSDDD jedoch folgende Schranken vor:

  • Nach Art. 4 Abs. 1 CSDDD dürfen die Mitgliedstaaten bezüglich der Ermittlung und Bewertung von negativen Auswirkungen (Art. 8 CSDDD), der Verhinderung potenzieller negativer Auswirkungen (Art. 10 CSDDD) und der Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen (Art. 11 CSDDD) keine abweichenden Bestimmungen vorsehen. Folglich wird jedenfalls die bisher in § 9 Abs. 3 LkSG vorgesehene Beschränkung aufgehoben werden müssen, wonach Maßnahmen bei mittelbaren Zulieferern nur dann erforderlich sind, wenn substantiierte Kenntnis von einer möglichen Verletzung vorliegt, die die bereits oben beschriebene Aktivitätenkette unterschiedslos direkte und indirekte Geschäftspartner umfasst. Zudem werden die bestehenden Präventions- und Abhilfemaßnahmen mindestens um finanzielle Beteiligungspflichten bei Umsetzungsmaßnahmen durch KMU-Geschäftspartner ausgeweitet werden müssen.

In allen anderen Bereichen steht es den Mitgliedstaaten hingegen grundsätzlich frei, weitergehende Regelungen im nationalen Recht vorzusehen (Art. 4 Abs. 2 CSDDD).

Damit dürfte die von zahlreichen deutschen Politikern und auch der Bundesregierung in einem gemeinsamen Strategiepapier vehement geforderte umgehende „Zurückstutzung“ des LkSG auf den Anwendungsbereich der CSDDD rechtlich nicht zulässig sein.

III. In welchem Verhältnis steht die CSDDD zu anderen Sorgfaltspflichten?

Das Verhältnis der CSDDD zu den nachstehenden Rechtsakten ist in Art. 1 Abs. 3 CSDDD so geregelt, dass die spezielleren Bestimmungen im Falle von Widersprüchen vorgehen. Praktisch wird dies bedeuten, dass bei der Umsetzung alle unterschiedlichen Nuancen der jeweiligen Rechtsakte zu berücksichtigen sind. Folgende Rechtsakte sind hier insbesondere relevant:

  • Verordnung (EU) 2023/1115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 (Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten)
  • Verordnung (EU) 2017/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (EU-Konfliktmineralienverordnung)
  • Verordnung (EU) 2023/1542 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2023 über Batterien und Altbatterien, zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG und der Verordnung (EU) 2019/1020 und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/66/EG – Sorgfaltspflichten in der Lieferkette in Artt. 47 ff. (EU-Batterieverordnung)
  • Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt [finaler Beschluss im Rat und Verkündung im Amtsblatt der EU in Kürze erwartet]

Fazit

Aufgrund der zahlreichen Ausweitungen und wenigen Einschränkungen im Verhältnis der CSDDD zum LkSG wird eine Anpassung des LkSG zwingend erforderlich werden. Aktuell liegt bereits ein Regierungsentwurf zur Umsetzung der CSRD in Deutschland vor, welcher in Art. 3 die Anknüpfung der LkSG-Berichtspflicht an jene aus der CSRD vorsieht. Weitere Anpassungen sind noch in dieser Legislaturperiode angekündigt.

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