EU-Kosmetik-Verordnung: Öffentliche Konsultation und neue Stoffverbote

Evaluierung der EU-Kosmetik-Verordnung: Öffentliche Konsultation und neue Stoffverbote durch die Verordnung (EU) 2025/877

Die kosmetikrechtlichen Vorgaben sind einem beständigen Wandel unterworfen. Dies zum einen deshalb, weil neue Erkenntnisse zu Stoffen, die in kosmetischen Mittel enthalten sind, Auswirkungen auf ihre Verwendung haben. Zum anderen ist das Gesamtregime inzwischen mehr als 15 Jahre alt und steht gegenwärtig insgesamt auf dem Prüfstand.

A. Laufende Sondierung zur EU-KosmetikVO

Die Europäische Kommission überprüft derzeit im Rahmen einer umfassenden Evaluierung die Zweckmäßigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (im Folgenden „EU-KosmetikVO“). Ziel dieser Initiative ist es, im Sinne einer besseren Rechtsetzung zu analysieren, ob die EU-Kosmetik-VO weiterhin wirksam, effizient und kohärent ist, und zwar insbesondere mit Blick auf den gesundheitlichen Verbraucherschutz, den Umgang mit gefährlichen Stoffen und die Vereinbarkeit mit weiteren EU-Regelwerken. Die derzeit laufende öffentliche Sondierung ist bis zum 28.07.2025 geöffnet und richtet sich an Verbraucher, Hersteller und andere Wirtschaftsakteure sowie an Aufsichtsbehörden und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Die Rückmeldungen sollen in eine umfassende Bewertung einfließen, auf deren Grundlage entschieden wird, ob eine Überarbeitung der Verordnung erforderlich ist. Im Zentrum steht dabei auch die Frage, ob die EU-KosmetikVO ihren Zweck im Hinblick auf den grünen und digitalen Wandel erfüllt.

Am 08.07.2025 hat die EU-Kommission zudem einen weiteren Vorschlag zur Vereinfachung chemikalienrechtlicher Vorgaben vorgelegt. Darin sind auch Veränderungen der EU-KosmetikVO enthalten, wie beispielsweise die Einführung eines gesetzlich normierten Verfahrens für die Aufnahme von Farbstoffen, Konservierungsmitteln und UV-Filtern in die entsprechenden Anhänge IV, V und VI der EU-KosmetikVO, die Konkretisierung des Verfahrens für Ausnahmen vom allgemeinen Verbot der Verwendung von CMR-Stoffen in kosmetischen Mitteln nach Art. 15 EU-KosmetikVO und die Abschaffung des gesetzgeberischen Verfahrens zur Festlegung des Glossars für Inhaltsstoffe.

B. Aktuelle stoffbezogene Veränderungen

Vor diesem Hintergrund gewinnen punktuelle Änderungen der Anhänge der EU-KosmetikVO, etwa zur Umsetzung aktueller chemikalienrechtlicher Bewertungen, zusätzlich an Bedeutung.

Mit der Verordnung (EU) 2025/877 hat die Europäische Kommission am 12.05.2025 eine weitere Anpassung der EU-KosmetikVO vorgenommen. Wesentliche Änderungen ergeben sich aus dem Anhang dieser Änderungsverordnung, mit dem eine Reihe von Stoffen – infolge ihrer Einstufung als karzinogene, mutagene oder reproduktionstoxischen Stoffe (CMR-Stoffe) der Kategorie 1A, 1B – in Anhang II (Liste der verbotenen Stoffe in kosmetischen Mitteln) aufgenommen wurde. Die neuen Verbote gelten ab dem 01.09.2025.

Hintergrund der Anpassung ist die harmonisierte Einstufung bestimmter Stoffe als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (im Folgenden „CLP-Verordnung“). Konkret geht die Änderung der EU-KosmetikVO auf die delegierte Verordnung (EU) 2024/197 zurück, mit der im Januar 2024 zahlreiche Stoffe neu als CMR-Stoffe eingestuft wurden.

Zu den betroffenen Stoffen gehört u.a. Trimethylbenzoyl Diphenylphosphine Oxide (CAS 75980-60-8), das bisher als Bestandteil bestimmter Nagelmodellierungsprodukte zugelassen war. Aufgrund der neuen Einstufung als reproduktionstoxisch Kategorie 1B wird der Stoff nun in Anhang II der EU-KosmetikVO aufgenommen und darf ab dem 01.09.2025 nicht mehr in kosmetischen Mitteln verwendet werden. Daneben betrifft die Änderung eine Vielzahl weiterer Stoffe, darunter diverse Phosphorsäureester, Zinnverbindungen, Bisphenol AF sowie weitere bioaktive Substanzen, die etwa als Konservierungsmittel oder UV-Filter in Betracht kamen.

Für Hersteller kosmetischer Mittel ergibt sich daraus akuter Handlungsbedarf: So sind sämtliche Rezepturen dahingehend zu überprüfen, ob einer der neu gelisteten Stoffe enthalten ist. Ist dies der Fall, muss das betreffende Produkt vor dem 01.09.2025 angepasst oder vom Markt genommen werden. In diesem Zusammenhang sind auch die Sicherheitsberichte sowie die Kennzeichnung entsprechend zu aktualisieren. Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch etwaige Umverpackungen und Etiketten angepasst werden müssen, sofern sie eine Deklaration eines nunmehr verbotenen Inhaltsstoffs enthalten.

Die nun veröffentlichte Verordnung (EU) 2025/877 zeigt erneut, wie eng das kosmetikrechtliche Stoffrecht mit dem Chemikalienrecht – insbesondere der CLP-Verordnung – verzahnt ist. Unternehmen sind daher gut beraten, neue Entwicklungen bei der Einstufung von Stoffen frühzeitig zu verfolgen und regulatorische Konsequenzen systematisch zu antizipieren. Mit Blick auf künftige Änderungen der harmonisierten Einstufung von Stoffen ist auch in den kommenden Jahren mit weiteren Anpassungen der Anhänge der EU-KosmetikVO zu rechnen.

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