Medizintechnik
2. Corrigendum zur MDR veröffentlicht

2. Corrigendum zur MDR veröffentlicht – Abhilfe für Hersteller künftig höherklassifizierter Klasse I-Produkte

Am 17.12.2019 hat das Europäische Parlament dem 2. Corrigendum der MDR (sowie einem weiteren Corrigendum zur IVDR) zugestimmt. Dieses wurde am 27.12.2019 veröffentlicht.

Das 2. Corrigendum (abrufbar unter: 2. Corrigendum der MDR) ist eine Reaktion auf die zunehmend kritische Situation bei Klasse I-Produkten, die unter der MDR höherklassifiziert werden. Betroffen sind namentlich Produkte der künftigen Klasse Ir (wiederverwendbare chirurgische Instrumente), bestimmte stoffliche Medizinprodukte, bestimmte nanomaterialhaltige Produkte sowie regelmäßig medizinische Software. Diese Produkte benötigen künftig eine benannte Stelle, ohne dass Hersteller bislang von der sogenannten Grace Period in Art. 120 Abs. 3 MDR für „Alt-Bescheinigungen“ profitieren konnten. Angesichts der (auch weiterhin absehbar) unzureichenden Verfügbarkeit benannter Stellen war es für die Hersteller höherklassifizierter Klasse I-Produkte kaum möglich, die Anforderungen der MDR bereits zum Geltungsbeginn am 26. Mai 2020 zu erfüllen. Das 2. Corrigendum hilft den Herstellern dieser Produktkategorien mit einer Art legislativer Notoperation: Die Grace Period für Alt-Bescheinigungen wird entsprechend auf die höherklassifizierten Klasse I-Produkte unter der MDR ausgedehnt. Lediglich eine technische Folgeänderung enthält das 2. Corrigendum bei der für Händler relevanten Abverkaufsfrist (Art. 120 Abs. 4 MDR) von „Alt-Produkten“.

Für die Masse der Klasse I Hersteller, die nicht von einer Höherklassifizierung betroffen, aber mit verschärften Anforderungen der MDR belastet sind, bleibt es freilich dabei: Produkt-Compliance mit der MDR muss spätestens zum 26. Mai 2020 erreicht sein.

Wichtig für Hersteller höherklassifizierter Produkte:

  • Für das jeweilige Produkt muss noch vor dem 26. Mai 2020 eine EU-Konformitätserklärung gemäß der Richtlinie 93/42/EWG erstellt worden sein. Nur dann kann das Produkt noch mit den Anforderungen des bisherigen Richtlinienrechts in Verkehr gebracht werden, und zwar längstens bis zum 26. Mai 2024.
  • Es gelten allerdings alle Einschränkungen gemäß Art. 120 Abs. 3 MDR, die sonst für Produkte mit „Alt-Bescheinigungen“ gelten. Die Produkte müssen weiter den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen. Insbesondere sind keine wesentlichen Änderungen der Auslegung und der Zweckbestimmung möglich. Die Produkte sind also innovationstechnisch eingefroren, solange man von der Grace Period profitieren will.
  • Die Anforderungen an Post-Market-Surveillance, Marktüberwachung, Vigilanz, Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten richten sich ab dem 26. Mai 2020 auch für diese Produkte nach der MDR.

Es kann also keinesfalls die Rede davon sein, dass die MDR für höherklassifizierte Klasse I-Produkte um 4 Jahre „verschoben“ worden sei. Die Anforderungen für Hersteller auch in diesen Produktbereichen bleiben streng. Sie bekommen lediglich mehr Zeit, sich mit den wohl langfristig deutlich geringeren Kapazitäten benannter Stellen zurecht zu finden. Stand 09.01.2020 sind erst neun benannte Stellen unter der MDR gelistet (Liste der benannten Stellen):

  • BSI Assurance UK Ltd.
  • BSI Group The Netherlands B.V.
  • DARE!! Services B.V.
  • DEKRA Certification B.V.
  • DEKRA Certification GmbH
  • IMQ ISTITUTO ITALIANO DEL MARCHIO DI QUALITÀ S.P.A.
  • MEDCERT ZERTIFIZIERUNGS- UND PRÜFUNGSGESELLSCHAFT FÜR DIE MEDIZIN GMBH
  • TÜV Rheinland LGA Products GmbH
  • TÜV SÜD Product Service GmbH Zertifizierstellen

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9. Januar 2020 Dr. Florian Niermeier

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