TRIMAN steht nun vor Gericht

TRIMAN steht nun vor Gericht

Seit mehreren Jahren steht der französische Sonderweg mit der TRIMAN-Kennzeichnung von Verpackungen und weiteren Haushaltsprodukten in der Kritik.

Die Europäische Kommission hat sich nun – wie der Pressemitteilung vom 17.07.2025 zu entnehmen ist – entschieden, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich einzuleiten. Gegenstand des Verfahrens wird die Frage sein, ob die französischen Kennzeichnungsvorschriften für Haushaltsprodukte, die zu einem System der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) zählen, mit elementaren Prinzipien des freien Warenverkehrs (Artt. 34-36 AEUV) vereinbar sind. Kern des Anstoßes sind dabei neben dem „TRIMAN“-Logo vor allem die Angaben zu den Sortierverfahren. Darüber hinaus vertritt die Europäische Kommission die Ansicht, dass Frankreich Mitteilungspflichten nach der sog. Binnenmarkttransparenzrichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/1535) nicht eingehalten hat, da Maßnahmen zur Umsetzung der entsprechenden Richtlinie der Kommission nicht rechtzeitig gemeldet worden sind (siehe zum Hintergrund des Verfahrens auch unseren Blogbeitrag TRIMAN-Kennzeichnung in Frankreich unter Druck).

Bisheriger Verlauf

Auf das Aufforderungsschreiben („formal notice“) der Europäischen Kommission vom 15.02.2023 hatte Frankreich nicht reagiert. Dies nahm die Kommission zum Anlass, am 14.11.2024 eine mit Gründen versehene Stellungnahme abzugeben. Gegenstand dieser Stellungnahme war der förmliche Appell an Frankreich, den möglichen Verstoß gegen EU-Recht zu beseitigen und die Kommission innerhalb einer zweimonatigen Frist über die eingeleiteten Schritte zu informieren, um so die Einhaltung von EU-Recht zu gewährleisten. Art. 258 Abs. 2 AEUV sieht vor, dass die Europäische Kommission den EuGH anrufen kann, wenn der betroffene Mitgliedstaat dieser Aufforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommt. Anschließend ist die Klageerhebung keinerlei Frist unterworfen.

Frankreich reagierte weder auf die mit Gründen versehene Stellungnahme noch kam es der darin enthaltenen Aufforderung nach. Dementsprechend fasste die Kommission den Beschluss, Frankreich aufgrund der immer noch bestehenden Unvereinbarkeit seiner Kennzeichnungsvorschriften für Abfallsortierhinweise mit den Artt. 34-36 vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.

Link zur Übersicht des bisherigen Verlaufs: INFR(2022)4028.

Gang des gerichtlichen Verfahrens und mögliche Konsequenzen

Hinsichtlich des Gangs des gerichtlichen Verfahrens ist zwischen den beiden bereits genannten Klagegründen, das sind Verstöße gegen die Warenverkehrsfreiheit und Mitteilungspflichten nach der Binnenmarkttransparenzrichtlinie, zu unterscheiden:

  • Sofern der Europäische Gerichtshof zum Schluss kommt, dass tatsächlich ein Verstoß gegen die Vorgaben zur Warenverkehrsfreiheit vorliegt, besteht die Pflicht Frankreichs, das Urteil durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen umzusetzen. Bei Nichtbefolgung der gerichtlichen Entscheidung hat die Kommission wiederum die Möglichkeit, Frankreich erneut an den Gerichtshof zu verweisen. Die Kommission schlägt dabei die Höhe einer zu verhängenden Strafzahlung vor. Die Entscheidung über die endgültige Höhe obliegt dem Europäischen Gerichtshof selbst (vgl. Art. 260 Abs. 1, 2 AEUV). Für die Berechnung der Strafzahlung sind neben der Wichtigkeit der verletzten Vorschriften und den Auswirkungen des Verstoßes vor allem die Zeitspanne, innerhalb derer keine ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts erfolgt ist, sowie die Solvenz des betroffenen Mitgliedstaats entscheidend.
  • Da die Kommission beim Gerichtshof gleichzeitig auch deshalb Klage erhoben hat, weil sie die Position vertritt, dass Frankreich gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung einer ordnungsgemäß erlassenen Richtlinie mitzuteilen, kann sie – wenn sie dies für angemessen hält – die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds festlegen, die sie unter den gegebenen Umständen für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen Frankreich direkt einen Pauschalbetrag oder ein Zwangsgeld bis zur Grenze des von der Kommission festgesetzten Betrags verhängen (vgl. Art. 260 Abs. 3 AEUV).

Auswirkungen des Verfahrens und Ausblick

Zunächst ist festzuhalten, dass das laufende Verfahren keinerlei Einfluss auf die Geltung sowie Durchsetzung der TRIMAN-Vorschriften in Frankreich hat. Der Europäische Gerichtshof fällt lediglich ein Feststellungsurteil und kann aufgrund der Kompetenzenverteilung die betreffende französische Regelung nicht selbst aufheben. Bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von knapp über zwei Jahren in gerichtlichen Vertragsverletzungsverfahren dürfte jedoch nicht mit einer schnellen Entscheidung zu rechnen sein.

Damit gelten die streitgegenständlichen Regelungen also während des Verfahrens uneingeschränkt weiter. Erst wenn Frankreich selbst die nationale Regelung aufhebt, wirkt sich dies auf die betroffenen Produkte und Unternehmen aus. Folglich müssen die TRIMAN-Vorschriften bis zur Aufhebung durch den nationalen französischen Gesetzgeber weiter beachtet und eingehalten werden. Jedenfalls mit dem Geltungsbeginn der Kennzeichnungsvorschriften aus Art. 12 VO (EU) 2025/40 (VerpackVO) zum 12.08.2028 werden sich die französischen Sonderwege durch vorrangiges entgegenstehendes EU-Verordnungsrecht ohnehin erledigen.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Michael Öttinger