Erleichterte Verkehrsfähigkeit von medizinischer Ausrüstung

Erleichterte Verkehrsfähigkeit von medizinischer Ausrüstung im Zeichen des Corona-Virus

Was Hersteller und Importeure trotz jüngster regulatorischer Lockerungen beachten sollten

Wie bereits in unserem Blog-Beitrag vom 18.03.2020 berichtet, hat die EU Kommission eine Empfehlung (Empfehlung (EU) 2020/403) veröffentlicht, mit der die einschlägigen Konformitätsbewertungsverfahren beschleunigt und die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, ihre Prüfanforderungen in bestimmter Hinsicht befristet zu reduzieren. Damit soll in der aktuellen Corona-Krise dringend benötigte medizinische Schutzausrüstung insbesondere für Kliniken verfügbar gemacht werden, die andernfalls in der EU (noch) nicht verkehrsfähig wäre.

Diese Erleichterungen wurden insbesondere für Deutschland bereits konkretisiert. Einer Empfehlung der beiden zuständigen Bundesministerien zufolge können eigentlich in der EU nicht verkehrsfähige Atemmasken und andere Schutzausrüstungen in Deutschland sehr wohl als verkehrsfähig angesehen werden, wenn sie dies in den USA, Kanada, Japan oder Australien sind. Bezüglich dieser Staaten wird in der aktuellen Situation also ein identisch hohes Schutzniveau angenommen. Sollte die Ausrüstung in anderen Staaten außerhalb der EU verkehrsfähig sein, kann sie dennoch als verkehrsfähig angesehen werden; dies setzt dann jedoch eine Einzelfallprüfung durch geeignete Stellen wie die notifizierten Stellen nach dem PSA-Recht voraus.

Darüber hinaus sind von Herstellern und Importeuren gerade in dieser dynamischen Lage spezifische Rechtsfallen zu beachten: Trotz der genannten Erleichterungen bestehen nicht unerhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken. Hier sind insbesondere außervertragliche Sorgfaltspflichten aus § 823 Abs. 1 BGB zu nennen, denen zufolge etwa Importeure ihrer Rolle als „Scharnier“ zwischen dem ausländischen Hersteller und den inländischen Kunden gerecht werden müssen. Dies kann insbesondere die (passive) Produktbeobachtungspflicht umfassen. Zudem können sowohl Quasi-Hersteller aufgrund der Verwendung des eigenen Namens bzw. der eigenen Marke als auch Importeure im Falle eines (sicherheitsrelevanten) Produktfehlers gemäß dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) verschuldensunabhängig haften. Ein entsprechender Versicherungsschutz sollte daher bestehen. Der (Quasi-)Hersteller hat zudem den zuständigen Marktüberwachungsbehörden in der EU für seine Produkte Rede und Antwort zu stehen, wobei er auch das Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht im Blick haben sollte.

Insbesondere diese Punkte sollten bei der Gestaltung von Kaufverträgen mit Abnehmern der Schutzausrüstung im konkreten Fall mit bedacht werden. In der dynamischen Sondersituation einer nur temporären Lockerung der regulatorischen Anforderungen sollte auf jeden Fall vermieden werden, dass Kunden gegen den Quasi-Hersteller oder Importeur Ansprüche geltend machen können, wenn die Produkte doch nicht wie geplant verwendet werden können sollten.

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24. März 2020 Dr. Florian Niermeier