Aufbereitung von Einmalprodukten

Aufbereitung von Einmalprodukten – Gemeinsame Spezifikationen für Gesundheitseinrichtungen und externe Aufbereiter festgelegt

Die EU-Kommission hat am 19.08.2020 die DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2020/1207 erlassen, mit der die Gemeinsamen Spezifikationen für die Aufbereitung von Einmalprodukten innerhalb von Gesundheitseinrichtungen und durch externe Aufbereiter festgelegt werden.

Damit werden die Anforderungen gemäß Art. 17 Abs. 3 und 5 Verordnung (EU) 2017/745 („MDR“) umgesetzt. Die Durchführungsverordnung (abrufbar unter: Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207) tritt am 09.09.2020 in Kraft. Sie gilt ab dem 26.05.2021, also mit dem Geltungsbeginn der MDR.

Hintergrund

Einmalprodukte sind solche Medizinprodukte, die vom Hersteller nur zur Anwendung an einer einzigen Person für eine einzige Maßnahme bestimmt sind. Die Zulässigkeit der Aufbereitung solcher Einmalprodukte innerhalb von Gesundheitseinrichtungen ist in der EU umstritten. Dabei geht es auch um die Frage, ob die einmalige Verwendung Teil der Zweckbestimmung des Herstellers ist und damit die trotzdem durchgeführte Aufbereitung (insb. Reinigung, Desinfektion, Sterilisation) und Wiederverwendung ein für den Anwender bzw. Betreiber des Medizinprodukts grundsätzlich unzulässiger Off-Label-Use ist. In Deutschland wird die Aufbereitung, nicht zuletzt aus Kostengründen, auch bislang schon als zulässig angesehen.

Die Grundzüge der Aufbereitung von Einmalprodukten ist künftig in Art. 17 MDR geregelt. Diese muss, damit sie überhaupt zulässig ist, im jeweiligen Mitgliedstaat der EU gestattet sein. Wenn sie gestattet ist, gilt grundsätzlich der Aufbereiter des Einmalprodukts als Hersteller im Sinne der MDR (Art. 17 Abs. 2 MDR). Dieser muss nunmehr alle regulatorischen Anforderungen nach der MDR eigenverantwortlich erfüllen. Mit erleichterten Anforderungen ist indes die Aufbereitung von Einmalprodukten in Gesundheitseinrichtungen (z.B. Krankenhäuser, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen) möglich, wenn die Produkte dort auch weiterverwendet werden. Dies setzt voraus, dass der betreffende Mitgliedstaat beschlossen hat, dass in diesem Fall nicht alle Herstellerverpflichtungen anwendbar sind (Art. 17 Abs. 3 MDR).

Für Deutschland ist geplant, die Aufbereitung und Weiterverwendung von Einmalprodukten innerhalb von Gesundheitseinrichtungen durch neue Regelungen in § 8 Abs. 4 und 5 MPBetreibV-E (Referentenentwurf, abrufbar unter: Entwurf einer Verordnung zur Anpassung des Medizinprodukterechts an die Verordnung (EU) 2017/745 und die Verordnung (EU) 2017/746) ausdrücklich und unter erleichterten Bedingungen zuzulassen. Sofern die Gesundheitseinrichtungen externe Aufbereiter einsetzen, die die aufbereiteten Produkte an die Gesundheitseinrichtung nach jedem Aufbereitungszyklus in seiner Gesamtheit zurückgeben, müssen auch solche Dienstleister abweichend von Art. 17 Abs. 2 MDR nicht alle Herstellerpflichten einhalten.

Wesentliche Anforderungen für Gesundheitseinrichtungen und externe Aufbereiter

Ist danach die Aufbereitung von Einmalprodukten gestattet, müssen Gesundheitseinrichtungen oder die von ihnen beauftragten externen Aufbereiter unter anderem die Einhaltung der Gemeinsamen Spezifikationen („GS“) nach Art. 17 Abs. 3 und 5 MDR, die jetzt mit der Durchführungsverordnung 2020/1207 erlassen worden sind, sicherstellen. Für Gesundheitseinrichtungen soll § 8 Abs. 4 MPBetreibV-E (Referentenentwurf) unter anderem auf die Einhaltung der GS verweisen. Mit der Einhaltung der GS wird die Konformität mit den Anforderungen der MDR, vergleichbar einer harmonisierten Norm, nach Art. 9 MDR vermutet. National soll zudem weiter die RKI-BfArM-Empfehlung nach § 8 Abs. 2 MPBetreibV zu beachten sein, bei deren Einhaltung ebenfalls eine gesetzliche Vermutung der ordnungsgemäßen Aufbereitung gilt.  

Die GS nach Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 regeln insbesondere folgenden Anforderungen:

• Im Rahmen des Risikomanagements müssen Mindestanforderungen an Personal, Räumlichkeiten und Ausrüstung eingehalten werden (Art. 4).

• Die Gesundheitseinrichtung muss im Rahmen des Risikomanagements jeweils dokumentiert bewerten, ob das Einmalprodukt überhaupt zur Aufbereitung geeignet ist (Art. 5).

• Die Aufbereitungszyklen und die Höchstzahl der Aufbereitungszyklen müssen vorab festgelegt werden (Art. 7 und 8).

• Es muss eine Technische Dokumentation über die Aufbereitungstätigkeit erstellt und 10 Jahre nach der letzten Wiederverwendung eines Einmalprodukts aufbewahrt werden (Art. 9 MDR).

• Die Anforderungen an die Verfahren und Schritte der jeweiligen Aufbereitungszyklen einschließlich der Kennzeichnung sind im Einzelnen zu beachten (Art. 10-20).

• Gesundheitseinrichtungen müssen alle schwerwiegenden Vorkommnisse mit aufbereiteten Einmalprodukten melden (Art. 23).

• Es muss ein spezifisches Rückverfolgungssystem für die aufbereiteten Einmalprodukte eingerichtet werden (Art. 24).

• Wenn die Gesundheitseinrichtung die Aufbereitung von Einmalprodukten an einen externen Dienstleister auslagert, muss ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden, dessen Mindestinhalt in Art. 3 Abs. 2 vorgegeben ist.

Handlungsbedarf

Betreiber von Gesundheitseinrichtungen, die Einmalprodukte zur eigenen Weiterverwendung aufbereiten oder aufbereiten lassen, müssen die neuen Anforderungen nach Art. 17 Abs. 3 MDR in Verbindung mit den GS nach Durchführungsverordnung 2020/1207 sowie die neuen Regelungen in § 8 MPBetreibV-E (Referentenentwurf) bis zum 26.05.2021 umsetzen.

Unternehmen und Einrichtungen, die als externe Aufbereiter für Gesundheitseinrichtungen tätig sind, müssen die neuen Anforderungen entsprechend implementieren. Verträge zwischen Gesundheitseinrichtungen und externen Aufbereitern müssen vor dem Hintergrund der jetzt festgelegten GS überprüft und bis zum 26.05.2021 an den in Art. 3 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) 2020/1207 genannten Mindestinhalt angepasst werden.

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7. September 2020 Prof. Dr. Boris Handorn