Novelle VerpackG - Einwegkunststoffverpackungen

Novelle VerpackG – Neue Vorgaben für Einwegkunststoffverpackungen

Zur nationalen Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt werden auch im VerpackG neue Vorgaben aufgenommen. Weitere nationale Bestimmungen zur Umsetzung der genannten Richtlinie sind in der EWKVerbotsV und der EWKKennzV enthalten.

Die EWKVerbotsV verbietet das Inverkehrbringen bestimmter, dort explizit genannter Einwegkunststoffprodukte und aller Produkte aus oxo-abbaubaren Kunststoffen unabhängig davon, ob es sich um Verpackungen oder Waren handelt (unsere News dazu: EWKVerbotsV). Die EWKKennzV hingegen enthält einerseits Vorgaben zur Befestigung von Deckeln und Verschlüssen an Einwegkunststoffgetränkebehältern und andererseits zur Kennzeichnung bestimmter Einwegkunststoffprodukte, wobei die Kennzeichnung überwiegend auf den Produktverpackungen zu erfolgen hat (unsere News dazu: EWKKennzV).

Demgegenüber erfassen die neuen, einwegkunststoffbezogenen Regelungen im VerpackG – ihrer systematischen Stellung im Verpackungsrecht entsprechend – nur verschiedene Arten von Einwegkunststoffverpackungen (zu den sonstigen Änderungen durch die Novelle des VerpackG haben wir einen gesonderten Beitrag veröffentlicht).

Neben der neuen Pflicht für Systeme aus § 14 Abs. 3 Satz 2 VerpackG, private Endverbraucher über die Auswirkungen nicht ordnungsgemäß entsorgter Einwegkunststoffverpackungen auf die Vermüllung der Umwelt und diesbezügliche Vermeidungsmaßnahmen zu informieren, führt die Novelle des VerpackG zu den drei folgenden Neuregelungen, die im Anschluss an die Erläuterung des Begriffs „Einwegkunststoff“ im Detail dargestellt werden.

„Einwegkunststoffverpackung“ im Sinne des VerpackG

Der Begriff der Einwegkunststoffverpackung wird im VerpackG inhaltlich identisch zum Begriff des Einwegkunststoffs sowohl in der EWKVerbotsV als auch der EWKKennzV definiert.

Nach dem neu eingeführten § 3 Abs. 4a VerpackG sind „Einwegkunststoffverpackungen (…) Einwegverpackungen, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen.“ Der ebenfalls neu eingeführte § 3 Abs. 21 VerpackG definiert Kunststoff als „Werkstoff bestehend aus einem Polymer nach Art. 3 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 [REACH] (…), dem möglicherweise Zusatzstoffe oder andere Stoffe zugesetzt wurden und der als Hauptstrukturbestandteil von Endprodukten fungieren kann; ausgenommen sind Werkstoffe aus natürlichen Polymeren, die nicht chemisch modifiziert wurden.

Durch das Zusammenspiel dieser Definitionen ist klargestellt, dass auch ein minimaler Kunststoffanteil z.B. in einer Beschichtung ausreicht, um eine Verpackung zur Einwegkunststoffverpackung zu machen, solange der eingesetzte Kunststoff als Hauptstrukturbestandteil der Verpackung dienen kann. Zur weiteren Konkretisierung dessen, was als Einwegkunststoffartikel anzusehen ist, soll es in naher Zukunft eine Leitlinie der EU-Kommission geben, die zur Auslegung der diesbezüglichen Begrifflichkeiten des VerpackG herangezogen werden kann.

Mindestrezyklatanteil bei bestimmten Einwegkunststoffgetränkeflaschen

Zum einen führt der neue § 30a VerpackG ab dem 01.01.2025 die Pflicht zur Verwendung eines bestimmten Mindestanteils an Kunststoffrezyklaten in Einwegkunststoffgetränkeflaschen ein. Nach der neuen Definition des § 3 Abs. 4c VerpackG sind „Einwegkunststoffgetränkeflaschen (…) Getränkeverpackungen in Flaschenform, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel, mit einem Füllvolumen von bis zu 3,0 Litern, die zugleich die Voraussetzungen einer Einwegkunststoffverpackung erfüllen.

Ab dem 01.01.2025 dürfen Einwegkunststoffgetränkeflaschen, die hauptsächlich aus PET bestehen, von den jeweiligen Herstellern nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn die Flaschen (einschließlich Deckel oder sonstigem Verschluss) zu mindestens 25 Prozent aus Kunststoffrezyklat bestehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung muss sich der Rezyklatanteil auf den PET-Anteil der Flasche beziehen, obwohl dies so im Wortlaut des Gesetzes gerade nicht vorgegeben ist. Ab dem 01.01.2030 gilt eine verbindliche Mindestrezyklatquote von 30 Prozent für sämtliche Einwegkunststoffgetränkeflaschen, unabhängig von der eingesetzten Kunststoffart.

Zur Bestimmung bei welchen Kunststoffen es sich um Rezyklate handelt, ist ausweislich der Gesetzesbegründung auf § 3 Abs. 7b KrWG zurückzugreifen. Demnach sind „Rezyklate (…) sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

Im Zusammenhang mit dem neuen § 30a VerpackG ist zu beachten, dass dieser einen von § 3 Abs. 14 VerpackG abweichenden Herstellerbegriff verwendet. Während nach § 3 Abs. 14 VerpackG nur derjenige als Hersteller einer Verpackung angesehen wird, der die Verpackung erstmals mit Ware befüllt, ist unter einem „Hersteller von Einwegkunststoffgetränkeflaschen“ derjenige zu verstehen, der die Flaschen als solche herstellt; unabhängig davon, ob er diese auch selbst befüllt oder nicht.

Während § 30a Abs. 1 VerpackG flaschenbezogen ist, also einen Hersteller bezüglich jeder einzelnen in Verkehr gebrachten Flasche zur Einhaltung des Mindestrezyklatanteils verpflichtet, bietet § 30a Abs. 2 VerpackG einem Hersteller die Möglichkeit, die ihn betreffende Rezyklatquote nur bezogen auf alle durch ihn in Deutschland in einem Kalenderjahr in Verkehr gebrachten Flaschen einzuhalten. Mit anderen Worten kann ein Hersteller, der von § 30a Abs. 2 VerpackG Gebrauch macht, weiterhin beispielsweise Flaschen komplett ohne Rezyklatanteil in Verkehr bringen, wenn er dies durch einen entsprechend höheren Rezyklatanteil in anderen Flaschen in der Gesamtabrechnung wieder ausgleicht. Diese Option ist jedoch mit verstärkten Dokumentationspflichten verbunden.

§ 30a Abs. 3 VerpackG sieht Ausnahmen von der Pflicht zum Einsatz eines Mindestrezyklatanteils vor, wenn nur der Deckel, das Etikett, ein Aufkleber oder eine Umhüllung einer Glas- oder Metallflasche aus Kunststoff sind oder wenn die Einwegkunststoffgetränkeflaschen für dort näher bestimmte medizinische Zwecke gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 (Lebensmittel zum Diätmanagement) bestimmt sind und verwendet werden.

Erhebliche Ausweitung der Pfandpflicht für Getränkeverpackungen

Auf Grund der bisherigen Fassung des § 31 Abs. 4 Nr. 7 VerpackG waren zahlreiche Getränkeverpackungen auf Grund ihres Inhalts, beispielsweise Wein, Sekt, Fruchtsäfte und -nektare, von der Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen ausgenommen. Mit der aktuellen Novelle des VerpackG werden in § 31 Abs. 4 VerpackG jedoch zwei neue Sätze hinzugefügt, welche die in § 31 Abs. 4 Nr. 7 VerpackG enthaltenen Ausnahmen von der Pfandpflicht für Einwegkunststoffgetränkeflaschen und alle Getränkedosen zum 01.01.2022 (für Milcherzeugnisse nach § 31 Abs. 4 Nr. 7 f) und g) VerpackG in Einweggetränkeflaschen erst ab dem 01.01.2024) entfallen lassen. Dies führt zu einer erheblichen Ausweitung der Pfandpflicht auf beinahe alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen (mit Ausnahme für diätische Getränke nach § 31 Abs. 4 Nr. 7 j) VerpackG, für welche die Pfandbefreiung bestehen bleibt).

Für solche Einweggetränkeflaschen, die nach den neuen Vorgaben zum 01.01.2022 zwar erstmals einer Pfandpflicht unterliegen werden, aber vom jeweiligen Hersteller bereits vor diesem Datum in Verkehr gebracht wurden, sieht der neue § 38 Abs. 7 VerpackG eine Übergangsfrist dergestalt vor, dass diese auf allen Handelsstufen noch bis zum 01.07.2022 ohne Pfanderhebung abgegeben werden dürfen. Das Datum des Inverkehrbringens durch den Hersteller wäre im Zweifelsfall selbstverständlich zu belegen.

Ergänzend dazu wird die generelle Pfandbefreiung für „sonstige trinkbare Milcherzeugnisse“ aus § 31 Abs. 4 Nr. 7 lit. g) VerpackG durch zusätzliche Kriterien erheblich eingeschränkt, da diese in der Vergangenheit durch Zufügung geringer Molke- oder Milcherzeugnisanteile zur Umgehung der Pfandpflicht genutzt wurde.

Weiterhin werden durch eine Ergänzung des Verweises in § 31 Abs. 3 Satz 3 VerpackG Nachweis-, Dokumentations- und Eigenkontrollpflichten auch für Hersteller von Einweggetränkeverpackungen für anwendbar erklärt. Schließlich werden nach dem neuen § 31 Abs. 5 VerpackG künftig auch Hersteller von Einweggetränkeverpackungen verpflichtet, die notwendigen finanziellen und organisatorischen Mittel zur Pflichterfüllung vorzuhalten und bezüglich der finanziellen Seite einen geeigneten Mechanismus zur Selbstkontrolle einzuführen.

Mehrwegalternativen zu Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebechern

Der vollständig neu gefasste § 33 VerpackG verpflichtet ab dem 01.01.2023 Letztvertreiber von Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebechern (also beispielsweise Fast-Food-Restaurants, To-Go-Imbisse, Kioske, Food-Trucks oder To-Go-Kaffeeketten), die erst beim Letztvertreiber befüllt werden, dazu, auch Mehrwegalternativen anzubieten. Die Möglichkeit, den Kunden die Ware auch in einem selbst mitgebrachten Behältnis auszuhändigen, bleibt dem Letztvertreiber unbenommen.

Hierbei ist zunächst festzuhalten, dass diese Vorgabe ausnahmslos alle Einweggetränkebecher umfasst, unabhängig davon, ob diese aus Kunststoff bestehen, nur einen Kunststoffanteil haben oder vollkommen kunststofffrei sind (beispielsweise Becher aus Karton). Demgegenüber sind jedoch nur Lebensmittelverpackungen erfasst, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen. Auf Grund der Definition des Begriffs der Einwegkunststofflebensmittelverpackung in § 3 Abs. 4b VerpackG fallen nur Verpackungen für Lebensmittel zum Sofortverzehr (d.h. insbesondere „To-Go“- und „Fast-Food“-Verpackungen) darunter.

Die Mehrwegalternativen müssen dabei für alle Waren angeboten werden, für die auch eine Einwegverpackung angeboten wird, was sich insbesondere auf die Einheitsgröße und Warenzusammenstellung bezieht. Weiterhin darf die Mehrwegalternative nicht teurer sein (abgesehen von der Möglichkeit, ein Pfand zu erheben) und nicht zu schlechteren Konditionen angeboten werden. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele für unzulässig schlechtere Konditionen längere Wartezeiten, Ausschluss von Treueaktionen und Gewinnspielen und ein unhandliches Verpackungsdesign.

Flankiert wird diese Pflicht durch eine ergänzende Hinweispflicht auf die Mehrwegalternativen, die in der Verkaufsstelle durch deutlich sicht- und lesbare Informationstafeln oder -schilder zu erfüllen ist. Für den Fall, dass die Waren per Lieferdienst bestellt werden können, ist der Hinweis auf die Mehrwegalternativen in den verwendeten Darstellungsmedien, beispielsweise auf der Website oder in einem Flyer, anzubringen.

Hiervon abweichend besteht für kleine Letztvertreiber mit maximal fünf Beschäftigen (was arbeitszeitbezogen zu bestimmen ist) und maximal 80 Quadratmeter Verkaufsfläche nach § 34 VerpackG eine Erleichterung dahingehend, dass sie zwar selbst keine Mehrwegalternativen anbieten, aber in diesem Fall mindestens von den Kunden selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse zur Befüllung akzeptieren müssen. Ohne die Inanspruchnahme dieser Option bleibt es bei den Vorgaben aus § 33 VerpackG. Das Verbot der Schlechterstellung selbst mitgebrachter Mehrwegbehältnisse gilt in diesem Zusammenhang ebenso wie die Informationspflichten hinsichtlich der Mehrwegalternative.

Schließlich wird auch für Verkaufsautomaten, die grundsätzlich unter die Pflicht aus § 33 VerpackG fallen, in § 34 Abs. 2 VerpackG eine den kleinen Letztvertreibern vergleichbare Erleichterung vorgesehen.

Fazit

Während die Ausweitung der Einwegpfandpflicht greift, liegen der Geltungsbeginn des Mindestrezyklatanteils in Einweggetränkeflaschen und die Pflicht zum Angebot von Mehrwegalternativen für Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebecher noch weiter in der Zukunft. Da jedoch insbesondere letztgenannte Pflicht einen enormen Umstellungsaufwand einerseits und einen enormen Produktionsaufwand für Alternativverpackungen andererseits mit sich bringen wird, sollte betroffene Letztvertreiber die erforderlichen Umsetzungsschritte zeitnah angehen.

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