Recht auf Reparatur

Weiteres Update zum Recht auf Reparatur

Im Gesetzgebungsverfahren hat aktuell der Europäische Rat den Kompromiss des Textes der Right to Repair-Richtlinie vorgelegt. Während man in einigen Punkten Änderungen des Europäischen Parlaments übernommen hat, hat der Rat sich in wesentlichen Aspekten wieder an den ursprünglichen Vorschlag der Kommission angenähert.

Am 14.02.2024 hat der Europäische Rat als Verhandlungsergebnis des Trilogverfahrens den finalen Kompromisstext veröffentlicht. Danach ist der aktuelle Stand wie folgt:

A. Right to Repair außerhalb des Gewährleistungsrechts

Die praktisch wichtigste Änderung besteht darin, dass der Vorschlag des Europäischen Parlaments, ein Recht auf Reparatur auch für Produkte vorzusehen, für die keine gesetzlichen Reparaturanforderungen (insbesondere aus dem Ökodesignrecht) bestehen, fallen gelassen wurde. Es bleibt daher dabei, dass nur Produktgruppen, für die solche Reparaturanforderungen bestehen, in den relevanten Anhang II aufgenommen werden können. Dieses Prinzip ist dem Gesetzgeber so wichtig, dass es in dem neuen Art. 1 Abs. 2a des Entwurfs ausdrücklich festgeschrieben werden soll.

Innerhalb dieser Vorgaben wurden der für den Anwendungsbereich des Rechts auf Reparatur maßgebliche Anhang II um zwei Produktgruppen erweitert. Hierbei handelt es sich zum einen um Haushaltswäschetrockner gemäß der neuen Verordnung (EU) 2023/2533. Zum anderen wird ein Recht auf Reparatur auch für Produkte mit einer Batterie für leichte Verkehrsmittel gemäß der Verordnung (EU) 2023/1542 bestehen, also insbesondere für E-Bikes und E-Scooter.

Die spiegelbildliche Reparaturpflicht für Hersteller, hilfsweise seinen Bevollmächtigten, für den Importeur oder Händler ist erhalten geblieben. Der Rat hat davon abgesehen, auch Fulfillment-Dienstleister in den Kreis der (subsidiär) Verpflichteten aufzunehmen.

Hinzu gekommen ist die – eher klarstellende – Möglichkeit für den Hersteller, dem Verbraucher für die Dauer der Reparatur ein Ersatzgeräten zu leihen oder zu vermieten; ferner kann der Hersteller dem Verbraucher ein generalüberholtes Produkt anbieten, wenn eine Reparatur des defekten Produkts unmöglich sein sollte. Praktisch wichtiger dürften folgenden Ergänzungen zur Reparaturpflicht werden: Hersteller müssen Ersatzteile, für Produkte für die eine Reparaturpflicht besteht, zu vernünftigen und nicht abschreckenden Preisen anbieten. Ferner müssen die zu Reparatur Verpflichteten künftig Richtpreise für typische Reparaturen auf Ihrer Website angeben. Neu ist auch das grundsätzliche Verbot für Hersteller, etwa durch vertragliche Gestaltungen oder durch technische Maßnahmen eine Reparatur der in Anhang II genannten Produktgruppen zu behindern. Das gilt insbesondere für die Verwendung von Ersatzteilen aus zweiter Hand, für kompatible Ersatzteile und für Ersatzteile, die mittels 3D-Druck hergestellt werden, wenn diese anderen Ersatzteile die (produktsicherheits-)rechtlichen Anforderungen erfüllen. Schließlich dürfen Hersteller die Durchführung nicht mit der Begründung ablehnen, dass bereits eine Reparatur von einem Dritten durchgeführt wurde.

Eine weitere, praxisrelevante Änderung besteht darin, dass das in Art. 4 und Anhang I der Richtlinie ausführlich geregelte Formblatt (European Repair Information Form) nun nicht mehr zwingend dem Verbraucher zur Verfügung zu stellen ist; es handelt sich hierbei nur noch um eine Möglichkeit für den Reparateur.

Die Online-Plattform mit Informationen zu Reparateuren soll nun gemäß Art. 7 des Entwurfs statt auf nationaler auf europäischer Ebene eingeführt werden.

Zu erwähnen ist noch, dass über den neuen Art. 9a der Richtlinie die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden sollen, mindestens eine Maßnahme umzusetzen, die Reparaturen fördert. Hierunter sollen nicht-finanzielle Maßnahmen wie Informationskampagnen ebenso fallen wie finanzielle Maßnehmen (etwa in Form von Reparatur-Gutscheinen, Reparaturfonds, die Finanzierung von Ausbildungsprogrammen, etc.). Schließlich wird in diesem Zusammenhang auch eine Reduzierung des Umsatzsteuersatzes genannt. Dies legt nahe, dass Reparaturen in der EU auch aufgrund solcher Förderungen beliebter und zahlreicher werden.

B. Änderungen im Kaufrecht

Wichtig sind auch die im aktuellen Gesetzesentwurf enthaltenen Änderungen im Kaufrecht.

Dort wird das Kriterium der Reparierbarkeit den objektiven Anforderungen an die kaufrechtliche Vertragsmäßigkeit der Ware hinzugefügt.

Vor allem aber soll die kaufrechtliche Gewährleistung zugunsten des Verbrauchers im Fall einer Reparatur – einmalig – um (mindestens) ein Jahr verlängert werden. Die einzelnen Mitgliedsstaaten können hier auch noch längere Fristen vorsehen. Zwar bleibt (anders als vom Europäischen Parlament vorgeschlagen) das Wahlrecht des Käufers zwischen Reparatur und Neulieferung erhalten. Jedoch wird der Verkäufer verpflichtet, seinen Kunden auf dieses Wahlrecht und auf die Verlängerung der Gewährleistungsfrist hinzuweisen. Das Ziel der Förderung der Reparatur als Nacherfüllungsvariante soll nunmehr über den Anreiz der längeren Gewährleistungsfrist erreicht werden. Immerhin wurde der Vorschlag des Parlaments, den Hersteller direkt und unabhängig vom Bestehen eines Kaufvertrags auf Nachbesserung in Anspruch nehmen zu können, nicht weiter verfolgt.

Haben Sie zu dieser News Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Florian Niermeier

29. Februar 2024 Dr. Florian Niermeier