Das ändert sich 2025: produktbezogenes Umweltrecht und Lieferkettenregulierung

Das ändert sich 2025: produktbezogenes Umweltrecht und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts wird das Jahr 2025 auf europäischer Ebene durch weitere Umsetzungsschritte im Rahmen der EU-Batterieverordnung, durch die Vorbereitung auf die EU-Verpackungsverordnung und voraussichtlich durch das weitere Voranschreiten bereits in der Vergangenheit begonnener Themen geprägt sein. Auf nationaler Ebene ist zunächst wohl mit einiger Rechtsunsicherheit zu rechnen, bis der neue Bundestag und die neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnehmen. Auch die weiteren Entwicklungen rund um die Umsetzung der Sorgfaltspflichten in Deutschland werden sicherlich stark von den anstehenden politischen Entwicklungen abhängen, wenngleich gewisse Linien aufgrund europarechtlicher Vorgaben feststehen dürften.

Der vorliegende Beitrag stellt den Auftakt einer Serie an Blog-Beiträgen mit dem gemeinsamen Titel „Das ändert sich 2025“ dar, in denen die Expertinnen und Experten des Teams der Produktkanzlei die relevanten Themen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten überblicksartig zusammenfassen.

In diesem Beitrag werden zunächst die bereits beschlossenen und noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Veränderungen im produktbezogenen Umweltrecht dargestellt (dazu unter A.). In einem zweiten Teil werden die absehbaren Entwicklungen zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette überblicksartig zusammengefasst (dazu unter B.).

A. Produktbezogenes Umweltrecht

Wie schon im vergangenen Jahr, wird die voranschreitende Umsetzung der EU-Batterieverordnung auch im kommenden Jahr von zentraler Bedeutung sein (dazu unter I.). Zudem wird das Jahr 2025 branchenübergreifend ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die erst kürzlich final beschlossene EU-Verpackungsverordnung stehen (dazu unter II.). Auf nationaler Ebene liegt der Fokus in vielen Branchen zunächst weiter auf dem Einwegkunststofffondsgesetz (dazu unter III.). Schließlich werden sich diverse Themen in den kommenden Monaten weiterentwickeln und konkretisieren (dazu unter IV.).

I. EU-Batterieverordnung

Die Verordnung (EU) 2023/1542 (BattVO) gilt EU-weit seit dem 18.02.2024. Die erste Compliance-Frist in diesem Kontext war wiederum der 18.08.2024.Seitdem gelten insbesondere umfangreiche neue formelle Vorgaben. Dies umfasst generell das Erfordernis einer Konformitätsbewertung (mitsamt EU-Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung), verpflichtende Erzeuger-, Einführer- und Identifikationskennzeichnungen und die Pflicht zur Beifügung einer Bedienungsanleitung und von Sicherheitshinweisen. Darüber hinaus sind batteriekategoriespezifisch die neue Stoffbeschränkung für Blei in Gerätebatterien (Art. 6 BattVO i.V.m. Nr. 3 des Anhangs I der BattVO), Anforderungen an die Leistung und Haltbarkeit von wiederaufladbaren Industriebatterien, LV-Batterien und Elektrofahrzeugbatterien (Art. 10 BattVO i.V.m. Anhang IV der BattVO), die Sicherheit von stationären Batterie-Energiespeichersystemen (Art. 12 BattVO i.V.m. Anhang V der BattVO) undInformationen über den Alterungszustand und die voraussichtliche Lebensdauer von stationären Batterie-Energiespeichersystemen, LV-Batterien und Elektrofahrzeugbatterien (Art. 14 BattVO i.V.m. Anhang VII der BattVO) zu nennen.

Im Jahr 2025 ist die Liste der neuen Vorgaben auf den ersten Blick zwar wesentlich kürzer. Allerdings sind davon mehrere Kernbereiche der BattVO betroffen, sodass der Umsetzungs- und Anpassungsaufwand weiterhin hoch bleiben wird. Zu erwähnen sind für 2025 die folgenden Aspekte:

  • CO2-Fußabdruck für Elektrofahrzeugbatterien (Art. 7 BattVO)

Eigentlich sollte es für Elektrofahrzeugbatterien nach Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a) BattVO i.V.m. Anhang II der BattVO bereits ab dem 18.02.2025 verpflichtend sein, eine Erklärung zum CO2-Fußabdruck zu erstellen und jeder Batterie schriftlich beizulegen. Voraussetzung hierfür sind allerdings weitere Konkretisierungen durch die EU-Kommission zur Festlegung der Methode, nach der der CO2-Fußabdruck berechnet und überprüft wird und zum Format der diesbezüglichen Erklärung. Beides sollte durch die EU-Kommission bereits bis zum 18.02.2024 veröffentlicht werden, steckt allerdings nach wie vor im Entwurfsstadium fest (Entwurf bzgl. Berechnung und Entwurf bzgl. Erklärung). Damit greift nun eine Regelung zur Verschiebung des Geltungsbeginns, wonach dieser anstatt am eigentlich vorgesehenen Tag (18.02.2025) erst 12 Monate nach der Veröffentlichung der genannten Rechtsakte liegen wird. Damit wird sich der Geltungsbeginn mindestens auf Anfang bis Mitte 2026 verschieben: Wenn bereits die ersten delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte durch die EU-Kommission nicht rechtzeitig fertig gestellt und veröffentlicht werden können, ist auch bei allen vergleichbaren Konstellationen mit weiteren Verzögerungen zu rechen. Dies betrifft zunächst insbesondere weitere Batteriekategorien im Rahmen von Art. 7 BattVO.

  • Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (Artt. 47 ff. BattVO)

Nach Art. 48 Abs. 1 BattVO müssen Wirtschaftsakteure, die Batterien in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, den in Art. 48 Abs. 2, 3, 49, 50, 52 BattVO festgelegten Verpflichtungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nachkommen. Sie haben zu diesem Zweck Strategien zur Erfüllung der für Batterien geltenden Sorgfaltspflichten einzurichten und umzusetzen. Die Pflichterfüllung ist nach Art. 51 BattVO durch eine notifizierte Stelle zu überprüfen und bei positivem Befund zu genehmigen. Eine solch notifizierte Stelle ist in der Bundesrepublik Deutschland allerdings bislang nicht eingerichtet, sodass das einschlägige Überprüfungsverfahren bislang nicht konkretisiert ist. Eine erste Konkretisierung der Sorgfaltspflichten ist durch Leitlinien zu erwarten, die von der EU-Kommission bis zum 18.02.2025 veröffentlicht werden sollen. Allerdings ist fraglich, ob diese tatsächlich rechtzeitig veröffentlicht werden. Vor diesem Hintergrund kann sich die Vorbereitung der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten zunächst nur am vagen gesetzlichen Wortlaut und an allgemeinen Prinzipien, beispielsweise auch solcher nach dem LkSG, orientieren.

  • Erweiterte Herstellerverantwortung (Artt. 54 ff. BattVO)

Die Regelungen zur erweiterten Herstellerverantwortung nach den Artt. 54 ff. BattVO gelten ebenfalls ab dem 18.08.2025. Sie entwickeln das bestehende Regime nach der Richtlinie 2006/66/EG fort, welches in Deutschland gegenwärtig im BattG umgesetzt ist. Dabei bleiben die Grundstrukturen der Herstellerregistrierung und der Rücknahmepflichten durch Hersteller und Vertreiber grundsätzlich zwar beibehalten, werden aber in zahlreichen Aspekten weiterentwickelt und verschärft. Die Detailregelungen werden in den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen, die diese in nationalen Rechtsakten etablieren müssen. Gegenwärtig liegt in Deutschland hierfür zwar der Entwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Batterierechts an die Verordnung (EU) 2023/1542 (Batterierecht-EU-Anpassungsgesetz – Batt-EU-AnpG) vor; ob dieser noch vor den Neuwahlen im Februar final beschlossen wird, ist aber mehr als fraglich. Für betroffene Wirtschaftsakteure ist damit gegenwärtig eine enorme Rechtsunsicherheit verbunden. Es kann daher nur empfohlen werden, die nationalen Entwicklungen in allen relevanten Mitgliedstaaten aufmerksam zu verfolgen.

Ergänzend zu den neu hinzutretenden Pflichten ist zu erwarten, dass der Vollzug der bereits geltenden Vorgaben an Fahrt aufnehmen wird, sodass sich die ergriffenen Umsetzungsmaßnahmen nun erstmals in der Praxis bewähren müssen. Hierbei bleibt zu hoffen, dass die zuständigen Behörden mit Augenmaß vorgehen und somit einen Beitrag zur praxistauglichen Anwendung der BattVO leisten.

II. EU-Verpackungsverordnung

Nach einem über zweijährigen Gesetzgebungsverfahren hat der Rat am 16.12.204 die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (VerpackVO) final angenommen. Damit steht nur noch deren Veröffentlichung im Amtsblatt der EU aus, bevor diese 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten Gültigkeit erlangen wird. Dies wird – abhängig vom genauen Zeitpunkt der Veröffentlichung – voraussichtlich Mitte 2026 sein, sodass im Jahr 2025 noch keine gesetzlichen Pflichten bestehen. Spätestens bis Mitte 2026 wird auch das nationale Verpackungsrecht an die neuen Vorgaben anzupassen sein.

Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die VerpackVO – ähnlich wie die bereits gültige BattVO – umfassende Neuerungen mit sich bringt. Das Verpackungsrecht wird von einem Abfallregime zu einer Lebenszyklusregulierung mit umfassenden Nachhaltigkeitsvorgaben weiterentwickelt. Hiervon werden die komplette Verpackungsbranche, d.h. alle Wirtschaftsakteure, die Produkte verpacken und verpackte Produkte vertreiben, betroffen sein. Für eine vollständige und rechtzeitige Umsetzung aller Vorgaben ist es unerlässlich, dass jedenfalls alle Lieferanten von Verpackungsmaterialien und Verpackungen einerseits sowie alle verpackenden Wirtschaftsakteure andererseits zeitnah damit beginnen, die jeweiligen Rollen unter der VerpackVO gemeinsam zuzuordnen und notwendige Umsetzungsschritte zu initiieren.

Die gesetzliche Erzeugerdefinition in Art. 3 Nr. 14 VerpackVO sorgt hier jedoch leider nicht für Klarheit. Hiernach ist „jede natürliche oder juristische Person, die Verpackungen oder ein verpacktes Produkt herstellt“, als Erzeuger anzusehen, ohne dass weitere Kriterien oder Bedingungen dafür vorgesehen sind, welcher der beiden alternativ genannten Akteure wann als verantwortlicher Erzeuger anzusehen ist. Verstärkt wird diese Unsicherheit dadurch, dass Art. 3 Nr. 16 VerpackVO „jede natürliche oder juristische Person, die Verpackungen oder Verpackungsmaterial an einen Erzeuger liefert“ als Lieferanten definiert. Damit bleibt völlig unklar, ob nun der Lieferant einer fertigen Verpackung, also beispielsweise einer vorkonfektionierten Faltschachtel, oder erst derjenige, der diese mit seinen Waren befüllt, als Erzeuger im Sinne von Art. 3 Nr. 14 VerpackVO anzusehen ist. Vor diesem Hintergrund bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission zügig entsprechende Auslegungshinweise veröffentlicht, um die weichenstellende Rollenklärung rechtssicher zu ermöglichen.

In zeitlicher Hinsicht werden die Regelungen der VerpackVO nicht alle direkt ab Mitte 2026 gelten, sondern gestaffelt einzuhalten sein. Zentral sind hier unmittelbar ab 2026 eine komplett neue Konformitätsbewertungspflicht mit EU-Konformitätserklärung, aber ohne CE-Kennzeichnung (Artt. 35 ff. VerpackVO) sowie eine Erzeuger-, Importeur- und Identifikationskennzeichnungspflicht (Artt. 15 Abs. 5, 6, 18 Abs. 3 VerpackVO).

Der Großteil der neuen zentralen Nachhaltigkeitspflichten wie

  • die Recyclingfähigkeit (Art. 6 VerpackVO),
  • der Mindestrezyklatanteil in Kunststoffverpackungen (Art. 7 VerpackVO),
  • die Pflicht zur Minimierung von Verpackungen (Art. 10 VerpackVO),
  • das Verbot übermäßiger Verpackungen (Art. 24 VerpackVO),
  • die Beschränkung bestimmter Verpackungsformate (Art. 25 VerpackVO) und
  • die gesamten Vorgaben zur Wiederverwendbarkeit (Artt. 11, 26 ff. VerpackVO)

wird jedoch erst ab dem 01.01.2030 gelten. Voraussichtlich schon ab Anfang 2028 werden wiederum neue, EU-weit einheitliche Verpackungskennzeichnungsregelungen verpflichtend sein, welche dann dem nationalen Flickenteppich endgültig den Garaus machen dürften.

III. Einwegkunststofffondsgesetz

Auf nationaler Ebene sorgte in den letzten Wochen und Monaten das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) in den betroffenen Branchen für erhebliche Furore. Dieses Gesetz gilt grundsätzlich bereits seit dem 01.01.2024 und ordnet insbesondere eine Registrierungspflicht für Hersteller von erfassten Einwegkunststoffprodukten (Lebensmittelbehälter, Tüten und Folienverpackungen mit Lebensmittelinhalt, Getränkebehälter, -flaschen und -becher, leichte Kunststofftragetaschen, Feuchttücher, Luftballons und Tabakfilter) in der DIVID-Plattform des Umweltbundesamtes (UBA) an. Zum 01.01.2025 sind nun auch die weiteren Vorschriften zur jährlichen Mengenmeldung (abzugeben bis zum 15.05. eines Jahres in Bezug auf das vorausgegangene Jahr) und der darauf bezogenen Abgabenpflicht in Kraft getreten.

Allerdings hat das UBA in den letzten Monaten einige sehr kontroverse Entscheidung getroffen, welche die im Markt bis dato angenommene Rollenverteilung infrage beziehungsweise sogar auf den Kopf stellen. Ganz zentral ist insoweit die Allgemeinverfügung des UBA zu einem unbefüllten Joghurtbecher (HIER abrufbar). Darin hat das Umweltbundesamt entschieden, dass auch ein unbefüllter Joghurtbecher als gesetzlich erfasster Lebensmittelbehälter anzusehen und sein Produzent daher Hersteller im Sinne des Gesetzes sei. Damit trifft die Registrierungs-, Mengenmelde- und Abgabenpflicht nach Auslegung des UBA nicht denjenigen, der den Becher mit Joghurt befüllt, sondern greift bereits eine Stufe früher. Zwar ist gegen diese weitreichende Einordnung ein Rechtsbehelf erhoben worden; jedoch dürfte die Entscheidung hierüber nicht ganz zeitnah zu erwarten sein. In Kombination mit dem erheblichen Bearbeitungsrückstand bei gestellten Einordnungsanträgen und weiteren Rechtsbehelfen, die gegen Einordnungsentscheidungen erhoben wurden, herrscht durchaus eine nicht unerhebliche Verunsicherung im Markt. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Pflichten ausgesetzt oder anderweitig suspendiert werden. Daher sollte jeder Marktakteur – nach Möglichkeit in Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten und Kunden – eine vertretbare Umsetzungsstrategie wählen und umsetzen.

Weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „EU-Verpackungsverordnung auf den letzten Metern“ enthalten.

IV. Weitere Entwicklungen im Überblick

Über die BattVO und die VerpackVO hinaus stehen im Jahr 2025 weitere, umfassende Gesetzesvorhaben im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts auf der Agenda der EU. Hierbei sind die folgenden Themen hervorzuheben:

  • Der Mitte 2023 veröffentlichte Entwurf für eine Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie befindet sich seit Oktober 2024 in den Trilogverhandlungen. Mit dem vorliegenden Entwurf soll insbesondere auch ein Regime zur erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien und Schuhe eingeführt werden. Dies würde dann zu nationalen Registrierungs- und Rücknahmepflichten führen. In zeitlicher Hinsicht ist zu erwarten, dass das Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2025 abgeschlossen wird und die neuen Pflichten möglicherweise ab 2027 gelten werden. Dies wäre dann die zweite Stufe hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft, nachdem alle Mitgliedstaaten seit dem 01.01.2025 eigentlich bereits eine getrennte Sammlung von Textilabfällen einführen mussten (vgl. Art. 11 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2008/98/EG, umgesetzt in Deutschland in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 und S. 2 KrWG).
  • Ein großer Unsicherheitsfaktor im Bereich der Elektronikindustrie ist weiterhin die sehr schleppende und intransparente Entscheidung über Verlängerungsanträge zu Stoffbeschränkungen unter der RoHS-Richtlinie (Richtlinie 2011/65/EU). Da inzwischen zahlreiche Bewertungen zu zusammenhängenden Themen vorliegen, kann für das Jahr 2025 wohl mit Entscheidungen über essenzielle Ausnahmen für Blei und Cadmium gerechnet werden. Nach einem vorliegenden Entwurf soll das Entscheidungsverfahren zu Ausnahmen unter der RoHS-Richtlinie künftig stärker fristengebunden, transparenter und unter Einbeziehung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ablaufen.

Auf nationaler Ebene ist der Start in das Jahr 2025 durch die gegenwärtige politische Situation in Deutschland geprägt, in welcher die aktuellen Regierungsparteien keine Mehrheit im (aufgelösten) Bundestag mehr haben und Neuwahlen im Februar bevorstehen. Im Lichte dessen scheint es nahezu ausgeschlossen, dass von der gegenwärtigen Regierung (schon) angestoßene Gesetzgebungsprojekte im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts noch zu Ende gebracht werden. Vielmehr werden diese dem Diskontinuitätsprinzip zum Opfer fallen. Dies betrifft insbesondere den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, mit dem die generellen Rücknahme- und Informationspflichten ausgeweitet und neue Pflichten in Bezug auf Einweg-E-Zigaretten eingeführt werden sollen. Auch weitere Themen wie beispielsweise die Fortentwicklung des nationalen Verpackungsrechts werden bis auf Weiteres auf Eis liegen.

B. Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Das immer dichter werdende Geflecht an Vorgaben zu menschenrechts- und umweltbezogenen Vorgaben in der Lieferkette führt trotz stets wohlgemeinter Intention inzwischen zu einem kaum mehr durchschaubaren Labyrinth an Pflichten, Rechten, Ausnahmen und Gegenausnahmen. Gerade der EU-Gesetzgeber hat mit der Richtlinie (EU) 2024/1760 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD), der Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR), der Verordnung (EU) 2024/3015 über das Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten (FLR) und den Sorgfaltspflichten in der BattVO ein Dickicht geschaffen, welches den Blick auf das Wesentliche nach und nach verstellt anstatt Licht ins Dunkel zu bringen. Dazu trägt ganz entscheidend der Umstand bei, dass die einzelnen Regelungsregime nicht aufeinander abgestimmt sind, Themen mehrfach adressiert werden und einzelne Aspekte trotz ihrer hehren Intention in der Praxis nicht realisierbar sind.

In inhaltlicher Hinsicht ist an dieser Stelle erwähnenswert, dass die Geltung der EUDR (sog. EU-Entwaldungsverordnung) kurz vor ihrem eigentlich geplanten Geltungsbeginn am 30.12.2024 durch die Verordnung (EU) 2024/3234 um ein Jahr auf den 30.12.2025 verschoben wurde. Allerdings sollte dies nicht zum Anlass genommen werden, die Umsetzungsbemühungen (zeitweise) einzustellen, da diese nach wie vor komplexe und weitreichende Maßnahmen mit unter Umständen tiefgreifenden Eingriffen in der gesamten Lieferkette erfordern. Der Geltungsbeginn der FLR (sog. Forced Labour Regulation) zum 14.12.2027 liegt zwar noch weiter in der Zukunft, jedoch macht diese EU-Verordnung Maßnahmen zur Sicherstellung der Freiheit der gesamten Lieferkette von jeglicher Zwangsarbeit erforderlich. Hierfür wird bei komplexeren Lieferketten ein mehrjähriger Vorlauf durchaus erforderlich sein.

Hinsichtlich der nationalen Perspektive wird es nach den Neuwahlen und der Bildung einer neuen Regierung sicherlich zu Anpassungen am LkSG kommen. Dies nicht nur, um der Umsetzungspflicht für die CSDDD bis zum 26.07.2026 (weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) – Was verändert sich in Deutschland?“ enthalten) nachzukommen, sondern auch um neue Erkenntnisse aus der Umsetzung und politische Zielvorstellungen zu verwirklichen. Vor diesem Hintergrund sind verlässliche Prognosen an dieser Stelle zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Was freilich nahezu sicher sein dürfte – wenn das LkSG in überhaupt Kraft bleibt –, ist die Anknüpfung der Berichtspflicht unter dem LkSG an die Berichtspflicht unter der CSRD. Zwar wird über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CSRD hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen in der laufenden Legislaturperiode wohl nicht mehr final beschlossen werden. Es scheint aber über Parteigrenzen hinweg Einigkeit darüber zu bestehen, dass zumindest diese Angleichung zwingend erforderlich ist.

Ausblick

Die nationalen Entwicklungen im produktbezogenen Umweltrecht und beim Schutz von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Belangen in Lieferketten werden entscheidend vom Ausgang der Neuwahlen im Februar 2025 abhängen. Bereits vorgenommene Weichenstellungen könnten daher ebenso unverhofft wie plötzlich verändert werden, sodass die betroffenen Unternehmen möglicherweise neue Richtungen einschlagen müssen. Wo dies zu einem Abbau unnötiger Vorgaben und Formalien führt, wäre eine solche Entwicklung sicherlich zu begrüßen. Wenn indes um der einfachen Botschaft willen weitreichende Einschnitte angekündigt und unter Umständen vorgenommen werden sollen, sollte dies mit Blick auf die Rechtssicherheit, die Kohärenz von gesetzlichen Regelungen und die Abwägung aller relevanten Schutzgüter mit Bedacht erfolgen.

So oder so wird allen Wirtschaftsakteuren ein turbulentes Jahr 2025 bevorstehen, in dem über die nationalen Entwicklungen hinaus seitens der EU mit einer weiter zunehmenden Regulierungsdichte gerechnet werden kann. Allerdings muss wohl auch davon ausgegangen werden, dass gesetzlich vorgesehene Leitlinien und Tertiärrechtsakte nur mit massiven Verzögerungen veröffentlicht werden. Jedenfalls muss der Fokus im Jahr 2025 mehr denn je auf einem engmaschigen Monitoring neuer Entwicklungen und einem fundierten Verständnis anstehender Themen liegen, um daraus die richtigen operativen und strategischen Maßnahmen ableiten zu können.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Michael Öttinger.

Das ändert sich 2024: produktbezogenes Umweltrecht und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Das Jahr 2024 wird in allen Bereichen der produktbezogenen Regulierung von zahlreichen Großprojekten auf EU-Ebene geprägt sein, die teilweise zum Abschluss kommen, teilweise signifikant voranschreiten und teilweise erst initiiert werden. Inhaltlich ist sowohl mit sektorspezifischen Regelungen, beispielsweise für Batterien, Textilien und Fahrzeuge, als auch mit zahlreichen sektorübergreifenden Rechtsakten zu rechnen. Hier ist insbesondere an das Chemikalienrecht, die Ökodesignvorgaben, „Green Claims“ und das geplante Recht auf Reparatur zu denken.

Dieser Beitrag stellt den Auftakt einer Serie an Blog-Beiträgen mit dem gemeinsamen Titel „Das ändert sich 2024“ dar, in denen die Experten des Teams der Produktkanzlei die relevanten Themen aus ihren jeweiligen Spezialgebieten überblicksartig zusammenfassen.

In diesem Beitrag werden zunächst die bereits beschlossenen und noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Veränderungen im produktbezogenen Umweltrecht dargestellt (dazu unter A.). In einem zweiten Teil werden die zahlreichen Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette in den zeitlichen Kontext gestellt (dazu unter B.).

A. Produktbezogenes Umweltrecht

Im weiten, zunehmend komplexeren und dichter verwobenen Netz an nachhaltigkeitsbezogenen Vorgaben für Produkte dürften im Jahr 2024 sicherlich die EU-Batterieverordnung (dazu unter I.) und das Gesetzgebungsverfahren zu einer EU-Verpackungsverordnung (dazu unter II.) im Fokus des Interesses stehen. Allerdings stehen im Jahr 2024 auch in zahlreichen anderen Bereichen wie etwa durch das Inkrafttreten des Einwegkunststofffondgesetzes oder sektorspezifisch Initiativen namentlich im Automobil- und Textilbereich weitreichende Entwicklungen an (dazu überblicksartig unter III.).

I. EU-Batterieverordnung

Die Verordnung (EU) 2023/1542 (sog. EU-Batterieverordnung, im Folgenden „BattVO“) trat zwar bereits am 17.08.2023 in Kraft, gilt jedoch nach ihrem Art. 96 Abs. 2 S. 1 erst ab dem 18.02.2024. Aufgrund weiterer pflichten- und rollenspezifischer Übergangsvorschriften, die an verschiedenen Stellen der Verordnung verankert sind, greifen die allermeisten Pflichten jedoch frühestens ab dem 18.08.2024.

Dies betrifft ganz zentral die Pflichten der Wirtschaftsakteure aus Kapitel VI (Artt. 38 ff. BattVO; vgl. hierzu Art. 96 Abs. 2 S. 2 Buchst. b) BattVO). Während zwar viele der nachhaltigkeitsbezogenen Erzeugerpflichten aus den Artt. 6 ff. BattVO, abgesehen von den Artt. 6, 12, 14 BattVO, erst zu einem späteren Zeitpunkt einzuhalten sein werden, sieht Art. 38 BattVO dennoch einige Vorgaben vor, die bereits ab dem 18.08.2024 umzusetzen sind:

  • Jeder Batterie müssen eine klar und verständlich abgefasste, lesbare Betriebsanleitung und Sicherheitsinformationen in den jeweiligen Sprachen der Mitgliedstaaten schriftlich beiliegen, in denen die Batterie in Verkehr gebracht wird.
  • Für jedes Batteriemodell muss eine technische Dokumentation nach Anhang VIII der BattVO erstellt und ein Konformitätsbewertungsverfahren nach Art. 17 BattVO durchgeführt werden. Nach erfolgreichem Abschluss ist die Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung (Art. 18 BattVO) und die Anbringung einer CE-Kennzeichnung (Artt. 19, 20 BattVO) erforderlich. Im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung ist darauf hinzuweisen, dass Batterien mit einer CE-Kennzeichnung nicht vor dem 18.08.2024 in Verkehr gebracht werden dürfen. Dies ist bei der zeitlichen Planung der Produktion, der Auslieferung bzw. zollrechtlichen Abwicklung dringend zu berücksichtigen.
  • Zudem sind Batterien ab dem 18.08.2024 mit einer Modellkennung und einer Chargen- oder Seriennummer oder einer Produktnummer oder einem anderen Kennzeichen zu ihrer Identifikation zu kennzeichnen (Art. 38 Abs. 6 BattVO). Darüber hinaus müssen Erzeuger ab diesem Zeitpunkt auch ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre Postanschrift und – sofern vorhanden – die Internetadresse und die E-Mail-Adresse angeben (Art. 38 Abs. 7 BattVO).

Auch Einführer unterliegen ab dem 18.08.2024 bestimmten Prüf- und Kennzeichnungspflichten:

  • Sie müssen sich vergewissern, dass die erforderlichen technischen Unterlagen erstellt wurden sowie das Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt, eine EU-Konformitätserklärung ausgestellt und eine CE-Kennzeichnung angebracht wurde.
  • Weiterhin müssen sie sich ebenfalls vergewissern, dass die Betriebsanleitung und die Sicherheitsinformationen in den erforderlichen Sprachen beiliegen.
  • Überdies müssen sie prüfen, ob die Kennzeichnungen nach Art. 38 Abs. 6, 7 BattVO durch den Erzeuger angebracht wurden.
  • Schließlich muss der Einführer selbst auch seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen oder seine eingetragene Handelsmarke, seine Postanschrift und sofern vorhanden die Internetadresse und die E-Mail-Adresse grundsätzlich direkt auf der Batterie angeben (Art. 41 Abs. 3 BattVO). Falls dies nicht möglich ist, kommt eine Kennzeichnung auf der Verpackung oder in einem Begleitdokument in Betracht.

Auch Händler treffen ab dem 18.08.2024 mit dem Einführer vergleichbare Prüfpflichten nach Art. 42 Abs. 1, 2 BattVO.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass trotz des unmittelbar bevorstehenden Geltungsbeginns noch zahlreiche Themen ungeklärt sind, sodass viel Unruhe bei den beteiligten Wirtschaftsakteuren besteht. Dies betrifft u.a. folgende Aspekte:

  • Abgrenzung von Geräte- und Industriebatterien mit entscheidenden Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der nur für Gerätebatterien geltenden Stoffbeschränkungen für Blei aus Art. 6 in Verbindung mit Ziffer 3 des Anhangs I der BattVO. Dies betrifft insbesondere zahlreiche Anwendungen im Bereich der Notstromversorgung von Produkten, die gegenwärtig vielfach auf Bleiakkumulatoren basiert und für die eine Umstellung innerhalb weniger Monate nicht möglich bzw. zumutbar sein dürfte.
  • Verhältnis der Kennzeichnungsanforderungen aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Ziffer 1, 2 des Teils A des Anhangs VI BattVO zu Art. 38 Abs. 6, 7 BattVO. Dies deshalb, weil die genannte Verweiskette aus Art. 13 BattVO die Kennzeichnung aus Art. 38 Abs. 6, 7 BattVO direkt in Bezug nimmt, aus beiden Vorschriften jedoch unterschiedliche Geltungsbeginne (18.08.2024. oder 18.08.2026) und unterschiedliche Ausweichmöglichkeiten bei Unmöglichkeit der Kennzeichnung direkt auf der Batterie folgen.
  • Händlerdefinition nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 65 BattVO im Spannungsfeld zwischen nachhaltigkeitsbezogenen Anforderungen (Art. 42 BattVO) und Rücknahmepflichten (Art. 62 BattVO). Die bisherige Definition nimmt Erzeuger und Einführer ausdrücklich aus der Händlerdefinition aus. Dies ist zwar für die Zwecke des Art. 42 BattVO nachvollziehbar und richtig, kann aber bei den Rücknahmepflichten aus Art. 62 BattVO zu erheblichen Regelungslücken führen.

Im Licht der komplexen Pflichtenstruktur, der erforderlichen Auffüllung zahlreicher Details mittels Tertiärrechtsakten durch die EU-Kommission und der bestehenden Unsicherheiten sollten sich betroffene Wirtschaftsakteure schnellstmöglich einen praktikablen Umsetzungsplan erarbeiten und Behörden offen für die Anliegen der Wirtschaftsakteure sein, um die mit der Verordnung intendierte, lebenszyklusorientierte Revolution nicht zum Scheitern zu bringen. Hierfür wird auch eine maßvolle Umgestaltung des deutschen Batteriegesetzes, welche für das Jahr 2024 zu erwarten ist, einen wichtigen Beitrag leisten können.

Weitere Details sind im Einführungswerk Öttinger, „Die EU-Batterieverordnung Neue Pflichten für Akteure der Batteriewirtschaft“ im Beuth-Verlag enthalten.

II. Vorschlag einer EU-Verpackungsverordnung

Nach der EU-Batterieverordnung soll das Verpackungsrecht der zweite Rechtsbereich sein, der von einer bisherigen Abfallbetrachtung zu einer Lebenszyklusregulierung umgebaut wird. Nach ziemlich genau einjährigen Beratungen haben das EU-Parlament und der Rat im November bzw. Dezember 2023 ihre jeweiligen Verhandlungspositionen für die anstehenden Trilogverhandlungen beschlossen. Diese werden nun zeitnah beginnen und sollen mit Nachdruck vorangetrieben werden. Ob ein Abschluss des Trilogs noch vor den EU-Wahlen Mitte 2024 erreicht werden kann, ist angesichts der teilweise weit auseinanderliegenden Verhandlungspositionen ungewiss. Im Lichte einer in den vorliegenden Entwürfen vorgesehen Übergangsfrist von mindestens zwölf oder gar 18 Monaten ab Inkrafttreten der Verordnung werden jedenfalls im Jahr 2024 noch keine Umsetzungspflichten bestehen.

Einige der kontroversen Themen für die Trilogverhandlungen können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Harmonisierung insbesondere in Bezug auf die Kennzeichnungsvorgaben: Während das Parlament eher für eine Vollharmonisierung ist, spricht sich der Rat für die Beibehaltung von Öffnungsklauseln zu Gunsten mitgliedstaatlicher Ergänzungen aus.
  • Definition und Reichweit der Rezyklierbarkeitsanforderungen („design for recycling“)
  • Definition und Reichweite von Wiederverwendung und Mehrweglösungen

Lediglich als Randnotiz sei angemerkt, dass das vom BMUV Mitte 2023 angekündigte „Gesetz für weniger Verpackungsmüll“ zur Änderung des Verpackungsgesetzes wohl in der Ressortabstimmung untergegangen ist. Zumindest liegt bislang abgesehen von einem Eckpunktepapier kein veröffentlichter Gesetzesentwurf vor. In Anbetracht des voranschreitenden Gesetzgebungsverfahrens zu einer EU-Verpackungsverordnung ist zumindest in zeitlicher Hinsicht zweifelhaft, ob dieser Gesetzesplan noch weiterverfolgt wird oder werden sollte.

III. Weitere Entwicklungen im Überblick

Trotz dieser beiden Leuchtturmprojekte sollte nicht aus dem Blick geraten, dass im Bereich des produktbezogenen Umweltrechts zahlreiche weitere Anforderungen parallel ausgearbeitet oder in Kraft treten werden.

1. Vorschlag einer Verordnung zur kreislauforientierten Konstruktion von Fahrzeugen und über die Entsorgung von Altfahrzeugen

Mit diesem Vorschlag will die EU-Kommission den Rechtsrahmen für die Konstruktion, Reparatur, Entsorgung und Ausfuhr von Fahrzeugen harmonisieren und im Sinne eines lebenszyklusorientierten Regelungskonzeptes weiterentwickeln. Hierfür sollen die Altfahrzeugrichtlinie 2000/53/EG und die 3R-Typengenehmigungsrichtlinie 2005/64/EG aufgehoben und inhaltlich zusammengeführt werden. Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich zwar noch ziemlich am Anfang, wird aber im Jahr 2024 aller Voraussicht nach signifikante Fortschritte machen. Trotz der vorgesehenen Übergangsvorschriften von drei bis sechs Jahren sollten alle betroffenen Wirtschaftsakteure ihre Bedenken klar und deutlich formulieren; denn  der Vorschlag leidet in seiner aktuellen Fassung noch an erheblichen Defiziten, die vielfach genau das Gegenteil bewirken würden, was vom Gesetzgeber intendiert ist.

2. Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Abfallrahmenrichtlinie – erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien und Schuhe

Entgegen der im Hinblick auf die drei vorstehenden Rechtsbereiche beschriebenen Regelungssystematik einer lebenszyklusumspannenden Regulierung soll mit diesem Vorschlag für Textilien und Schuhe „nur“ ein Regime der erweiterten Herstellerverantwortung eingeführt werden. Die Vorgaben zur Kennzeichnung von Textilien, insbesondere zur Faserzusammensetzung, werden voraussichtlich durch eine angekündigte Novelle der EU-Textilkennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 1007/2011 verschärft. Über den Weg der Ökodesignregulierung wird es absehbar auch Anforderungen an die nachhaltige Konzeption und Herstellung von Textilien geben. Hierfür liegt gegenwärtig jedoch noch keine konkrete Initiative vor. In zeitlicher Hinsicht wird es im Jahr 2024 jedenfalls in Bezug auf die erweiterte Herstellerverantwortung und die Textilkennzeichnung relevante Entwicklungen geben, wobei nicht damit zu rechnen ist, dass in diesem Jahr schon diesbezügliche Umsetzungspflichten greifen werden.

Weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „Erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien und Schuhe“ enthalten.

3. Novellierung der EU-Kosmetikverordnung

Während eine umfassende Novelle der EU-Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009 weiterhin nicht absehbar ist, wurden durch zwei Verordnungen erst kürzlich neue stoffbezogene Vorgaben in die EU-Kosmetikverordnung aufgenommen.

Dies betrifft zum einen die bereits seit dem 01.12.2023 gültige Aufnahme neuer CMR-Stoffe in Anhang II der EU-Kosmetikverordnung durch die Verordnung (EU) 2023/1490. Zum anderen wurden mit der Verordnung (EU) 2023/1545 in Anhang III der EU-Kosmetikverordnung 56 neue allergieauslösende Duftstoffe aufgenommen, für die ab dem 31.07.2026 die einschlägigen Kennzeichnungsvorgaben einzuhalten seine werden.

Weitere Details sind in unserem Blog-Beitrag „Neue Stoffverbote und -beschränkungen im Kosmetikrecht“ enthalten.

4. Elektro- und Elektronikgeräterecht

Trotz mehrfacher Ankündigungen zur Überarbeitung sowohl des Rechtsrahmens für die Sammlung, Rücknahme und Behandlung von Altgeräten nach der Richtlinie 2012/19/EU („WEEE“) als auch der Vorgaben zu Stoffbeschränkungen in Elektro- und Elektronikgeräten nach der Richtlinie 2011/65/EU (im Folgenden „RoHS“) sind in dieser Hinsicht aktuell keine konkreten Entwicklungen absehbar. Dies gilt leider auch weiterhin für die seit Jahren ausstehenden Entscheidungen über Verlängerungsanträge, insbesondere für die Bleiausnahmen nach den Ziffern 6 und 7 des Anhangs III RoHS.

Auch auf nationaler Ebene ist aus der bereits für Herbst 2023 angekündigten Überarbeitung des ElektroG bislang nichts geworden. Daher bleibt abzuwarten, ob im Jahr 2024 ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden wird. Lediglich die ElektroGBattGGebV wurde mit Wirkung zum 01.01.2024 im alljährlichen Turnus angepasst. Während im Rahmen der ElektroG-Registrierung überwiegend Gebührenreduzierungen zu verzeichnen sind, verdoppelt sich fast die Quartalsgebühr für registrierte ElektroG-Hersteller. Im Übrigen steigen auch die sonstigen Gebühren im Zusammenhang mit dem ElektroG und dem BattG tendenziell.

5. Einwegkunststofffond

Das EWKFondsG trat in einigen relevanten Teilen zum 01.01.2024 in Kraft. Demnach müssen sich neue Marktakteure, die erfasste Einwegkunststoffprodukte in Verkehr bringen, grundsätzlich seit dem 01.01.2024 beim Umweltbundesamt (im Folgenden „UBA“) registrieren lassen; für bereits vor dem 01.01.2024 am Markt aktive Hersteller gilt eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2024. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die erforderliche Registrierungsplattform „DIVID“ seitens des UBA noch nicht zur Verfügung gestellt wird und daher eine Registrierung aktuell noch nicht möglich ist. Nach Angaben des UBA soll die Plattform zum 01.04.2024 verfügbar sein. Bis dahin können selbstverständlich auch neue Marktakteure ohne eine Registrierung Produkte in Verkehr bringen. Nach „Liveschaltung“ der Plattform erfolge in der ersten Zeit wiederum ein Vollzug nach Augenmaß – so zumindest die aktuelle Aussage des UBA.

Eine Umlage der EU-Plastiksteuer für Plastikverpackungen dürfte schließlich trotz eines entsprechenden Beschlusses der Bundesregierung jedenfalls für das Jahr 2024 wieder vom Tisch sein.

B. Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Wie die Vorgaben an die Produkte selbst nehmen auch die Anforderungen an Sorgfaltspflichten in der Lieferkette einen immer größeren Raum in der Nachhaltigkeitsgesetzgebung und der unternehmerischen Praxis ein. So ist es nicht verwunderlich, dass auch in diesem Bereich im Jahr 2024 relevante Entwicklungen anstehen.

I. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Seit dem 01.01.2024 ist das LkSG nicht mehr nur auf Unternehmen ab einer Mitarbeiterschwelle von 3.000 anwendbar, sondern diese liegt nun bei 1.000. Damit fallen nun mehr als doppelt so viele Unternehmen direkt in den Anwendungsbereich. Dies erhöht insbesondere den Druck auf kleine und mittelständische Zulieferer nochmals spürbar.

Darüber hinaus werden wohl auch die Kontrolltätigkeiten des zuständigen BAFA zunehmen. Während dieses im Jahr 2024 lediglich die Benennung von Zuständigkeiten und die Einrichtung von Beschwerdemechanismen im Fokus hatte, wird es nach eigenen Ankündigungen in diesem Jahr insbesondere die Durchführung der unternehmensindividuellen Risikoanalysen auf den Prüfstand stellen. Weil die Risikoanalyse als Grundlage aller Präventions- und Abhilfemaßnahmen als das Herzstück der Sorgfaltspflichten bezeichnet werden kann und die diesbezüglichen Vorgaben des BAFA in den bislang veröffentlichten Handreichungen teilweise deutlich über den Wortlaut des LkSG hinausgehen, dürften erste (gerichtliche) Auseinandersetzungen zu erwarten sein.

Schließlich wird das BAFA nach eigener Ankündigung ab dem 01.06.2024 erstmals die nach den §§ 10, 12 f. LkSG erforderlichen Berichte zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten prüfen. Ergänzend dazu greift für bestimmte Unternehmen ab dem Jahr 2024 auch die neu eingeführte Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung nach der sog. Corporate Sustainability Reporting Directive („CSRD“).

II. EU-Richtlinie über Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD)

Am 14.12.2023 haben die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Institutionen eine vorläufige Einigung zur CSDDD verkündet, wobei der konsolidierte Text der Einigung noch nicht öffentlich zugänglich ist. Damit dürfte ihrer Verabschiedung in den kommenden Monaten nichts mehr im Wege stehen. Allerdings werden die Vorgaben der CSDDD aufgrund ihrer Rechtsform als Richtlinie nicht unmittelbar gelten. Vielmehr sind sie zunächst durch die EU-Mitgliedstaaten (in Deutschland im LkSG) umzusetzen. Dafür wird wohl eine Frist bis 2026 vorgesehen sein.

Inhaltlich sind im Vergleich zum aktuellen Stand des LkSG insbesondere eine Ausweitung des Anwendungsbereichs, die Bezugnahme auf weitere geschützte Rechtspositionen und Umweltbelange und die Statuierung einer zivilrechtlichen Haftung zu betonen.

III. Verordnung über Entwaldungsfreie Lieferketten

Die mit der Verordnung (EU) 2023/1115 eingeführten Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit den relevanten Rohstoffen Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz sind ab dem 30.12.2024 einzuhalten. Allerdings erfordert die Einhaltung der statuierten Sorgfaltspflichten umfassende Vorbereitungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit weltweiten Lieferanten. Daher sollte das Jahr 2024 dazu genutzt werden sollte, Verkehrsfähigkeitshindernisse zum Ende des Jahres zu vermeiden.

Weitere Details sind in unseren Blog-Beiträgen „Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten“ und „Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten im EU-Amtsblatt verkündet“ enthalten.

IV. Vorschlag einer Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt

Während das EU-Parlament den Weg für Trilogverhandlungen zum vorliegenden Vorschlag inzwischen freigemacht hat, steht eine initiale Beschlussfassung im Rat noch aus. Allerdings ist mit einer Positionierung des Rates wohl noch in der ersten Hälfte des Jahres 2024 zu rechnen, sodass jedenfalls die Trilogverhandlungen auch zu diesem Vorschlag noch im Jahre 2024 beginnen dürften. Mit einem Abschluss schon vor Ende des Jahres ist jedenfalls nicht zu rechnen.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend bleibt zu konstatieren, dass die produktbezogene Nachhaltigkeitsgesetzgebung gegenwärtig von einer nie dagewesenen Dynamik geprägt ist. Während die grundlegenden Ziele zur Förderung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes nicht ernsthaft infrage stehen können, bleiben bei der Lektüre beschlossener und vorgeschlagener Gesetze jedoch immer mehr Fragezeichen zurück. Wenn rechtliche Strukturen immer undurchdringlicher werden und sich von den praktischen Gegebenheiten bzw. Machbarkeiten zugunsten von theoretischen Idealvorstellungen lösen, geraten die positiven Ziele oftmals in den Hintergrund detailreicher Auslegungsdebatten. Daher sollte sich der Gesetzgeber künftig wieder mehr darum bemühen, kohärente, lösungsorientierte, verständliche und umsetzbare Anforderungen zu formulieren, um den Fokus aller Beteiligten wieder auf die eigentlichen Ziele zurückzulenken.

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