Grüner Punkt: Fall abgeschlossen.

Grüner Punkt: Fall abgeschlossen.

Der Rechtsstreit um die Verwendung des Grünen Punkts in Frankreich wurde nun beendet.

Mit dem französischen Gesetz über die Kreislaufwirtschaft vom 10.02.2020 (Art. 62) wurde eine neue Bestimmung in das Umweltgesetzbuch (L541-10-3) aufgenommen, nach der Kennzeichnungen und Etikettierungen, die zu Verwirrung hinsichtlich der Sortierregeln führen können, mit Sanktionen geahndet werden können. Ein Ministerialerlass vom 30.11.2020 definierte solche Kennzeichen und Etiketten und hob den Grünen Punkt hervor. Ein weiterer Ministerialerlass vom 25.12.2020 präzisiert die Art der Sanktionen, die von den beauftragten Umweltverbänden verhängt werden können (siehe Anhang, § II, 4°), und legt den 01.04.2021 als Termin für die Umsetzung fest.

Aufgeschoben…

Im Februar 2021 reichten verschiedene Industrieverbände beim Conseil d’Etat (Oberstes Verwaltungsgericht) Klagen ein, um die Aussetzung der Vollstreckung dieser beiden Ministerialerlasse zu erwirken. Gemäß den Bestimmungen des französischen Verwaltungsgerichtsgesetzes (L521-1) über das Eilverfahren (référé) mussten diese Klagen 1) einen ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen und 2) die Dringlichkeit eines Eilurteils des Gerichts in dieser Angelegenheit nachweisen.

Auf der Grundlage der von den Petenten eingereichten Schriftsätze stellte das Gericht fest, dass es sich bei den fraglichen Bestimmungen um eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Art. 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) handelt, die in Bezug auf das verfolgte Ziel unverhältnismäßig ist. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Maßnahme als solche geeignet ist, ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ministerialverordnungen zu wecken.

Darüber hinaus stellte der Gerichtshof fest, dass die Androhung von Sanktionen die Hersteller zwingt, ihre Verpackungen oder Vertriebswege zu ändern, um zu verhindern, dass nach dem 01.04.2021 verpackte Produkte oder Verpackungen, die noch mit dem „Grünen Punkt“ hergestellt oder eingeführt werden, auf dem heimischen Markt in Verkehr gebracht werden. In Anbetracht dieser drohenden Notwendigkeit unter Androhung solcher Sanktionen stellte der Gerichtshof fest, dass die Dringlichkeitsvoraussetzung erfüllt ist.

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen setzte der Conseil d’Etat den Vollzug der beiden Ministerialerlasse am 15.03.2021 aus. (CE, 15. März 2021, n°450.160 – 450.164)

… und für nichtig erklärt

Gleichzeitig wurden von verschiedenen Antragstellern, darunter auch der Grüne Punkt Duales System Deutschland GmbH, drei Anfechtungsklagen gegen die beiden Ministerialerlasse erhoben und deren Nichtigerklärung beantragt.

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung wurden die beiden Ministerialerlasse vom Gerichtshof im Wesentlichen aus verfahrensrechtlichen Gründen für nichtig erklärt. (Siehe CE, 30. Juni 2023, Nr. 449.872 – 450.134 – 450.158)

Die Begründung des Conseil d’Etat stützt sich nämlich auf die Anforderungen des TRIS-Verfahrens, das durch die Richtlinie (EU) 2015/1535 (Richtlinie) eingeführt wurde, wonach die Europäische Kommission über jeden Entwurf einer „technischen Vorschrift“, die die Mitgliedstaaten zu erlassen beabsichtigen, informiert werden muss (siehe Art. 5 der Richtlinie).

Der Conseil d’Etat stellte fest, dass die angefochtenen Bestimmungen mit der Qualifikation des Zeichens „Grüner Punkt“ als Zeichen das geeignet ist, Verwirrung über die Vorschriften für die Sortierung von Abfällen zu stiften, und dessen Verwendung potenziell mit einer Strafe belegt werden kann, eine Anforderung einführen, die aus Gründen des Umweltschutzes auferlegt wird (und die sich auf den Lebenszyklus der betreffenden Produkte auswirkt und geeignet ist, deren Vermarktung erheblich zu beeinflussen). Das Gericht vertrat daher die Auffassung, dass diese Bestimmungen in den Bereich der „technischen Vorschriften“ im Sinne der Richtlinie fallen.

Auf der Grundlage dieser Analyse betonte das Gericht ferner, dass:

  • wenn ein Gesetzestext die fragliche technische Vorschrift hinreichend genau bestimmt, so dass ihre Wirkungen von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beurteilt werden können,
  • wenn diese Rechtsvorschrift im Einklang mit der Richtlinie mitgeteilt worden ist und
  • wenn die Durchführungsverordnungen keine weitere technische Vorschrift hinzufügen, die dieser Mitteilungspflicht unterliegt

braucht ein Mitgliedstaat der Europäischen Kommission die Durchführungsbestimmungen zu dieser technischen Vorschrift nicht mitzuteilen.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht jedoch festgestellt, dass die französischen Behörden der Europäischen Kommission zwar die Bestimmungen des Artikels L541-10-3 des Umweltgesetzbuchs mitgeteilt haben, auf deren Grundlage die beanstandeten Vorschriften erlassen wurden, dass aber die Mitteilung dieser Rechtsvorschriften, die sich auf die Festlegung einer allgemeinen Sanktionsregelung für verwirrende Zeichen und Etiketten beschränken, es der Kommission nicht ermöglicht hat, die Auswirkungen der auf diese Weise eingeführten technischen Vorschrift, die ausschließlich für den „Grünen Punkt“ gilt, vollständig zu beurteilen. Nach Auffassung des Gerichts reichte diese Mitteilung nicht aus, um der Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie nachzukommen.

Verwendung des Grünen Punkts in Frankreich weiterhin legal… vorerst.

In der Praxis wird der Grüne Punkt nach französischem Recht vorerst nicht mehr als verwirrend angesehen und kann daher verwendet werden. Dennoch ist es nicht ratsam, ihn wieder zu verwenden, da die französische Regierung mit Sicherheit ein gut formuliertes Verbot ausarbeiten und der Kommission so detailliert vorlegen wird, dass es die Prüfung nach Art. 5 der Richtlinie bestehen kann. Dies ist umso wahrscheinlicher, als der aktuelle Vorschlag für eine Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle, zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1020 und der Richtlinie (EU) 2019/904 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 94/62/EG den Grünen Punkt bereits als potenziell verwirrendes Symbol ausweist (siehe Erwägungsgrund 49).

Die Produktkanzlei verfügt über ein breites Netzwerk internationaler Kooperationspartner. Dieser Artikel wurde von David Desforges verfasst, mit dem wir zu produktrechtlichen Fragestellungen in Frankreich seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Sie erreichen David Desforges unter folgenden Kontaktdaten: