Aktuelle Entwicklungen im Kosmetikrecht

Aktuelle Entwicklungen im Kosmetikrecht

Immer mehr unsichere kosmetische Produkte fluten den europäischen Markt, und auch behördliche Überwachungstätigkeiten nehmen zu. Daher sollten betroffene Marktakteure sicherstellen, dass sie aktuelle rechtliche Entwicklungen rechtzeitig mitbekommen und umsetzen.

Am 14.03.2024 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Jahresbericht über das Safety Gate, das Schnellwarnsystem der EU für Produktsicherheit. Das Schnellwarnsystem ermöglicht einen raschen Informationsaustausch zwischen den europäischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über gefährliche Non-Food-Produkte, die ein Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen. Der Bericht vom 14.03.2024 bezieht sich auf Warnmeldungen aus dem Jahr 2023 und enthält Angaben zu den als gefährlich eingestuften Produkten, eine Beschreibung der Risiken und die von Wirtschaftsbeteiligten ergriffenen oder von den Behörden angeordneten Maßnahmen.

Aus dem Jahresbericht geht hervor, dass das Safety Gate im Jahr 2023 mit über 3.000 Warnmeldungen die höchste Zahl der seit der Einrichtung des Systems im Jahre 2003 validierten Warnmeldungen verzeichnete. Abgesehen von dieser sehr hohen Anzahl von Warnmeldungen unterschied sich auch die Aufschlüsselung nach Produktkategorien deutlich von dem in den Vorjahren beobachteten Muster. Im vergangenen Jahr führte die Produktkategorie „Kosmetika“ erstmals vor den Produktkategorien „Spielzeug“ und „Kraftfahrzeuge“. Mehr als 1.000 Einträge zu gefährlichen Kosmetika finden sich auf der Website des Safety Gates. Gemessen an der Gesamtzahl der Warnungen hat sich der Anteil von gefährlichen Kosmetika damit in Vergleich zum Jahre 2022 mehr als verdreifacht. Dieser Trend ist laut Bericht darauf zurückzuführen, dass die Marktüberwachungsbehörden im Zuge der Durchsetzung wirksamer Beschränkungen vor Chemikalien im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 („REACH-VO“) verstärkt kosmetische Mittel in den Blick nahmen, um das Vorhandensein verbotener gefährlicher chemischer Inhaltsstoffe zu überprüfen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass auch der Gesetzgeber in den letzten Wochen und Monaten wieder vermehrt im kosmetikrechtlichen Bereich aktiv wurde. So hat er mit der letzten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (im Folgenden „Kosmetik-VO“) am 14.03.2024 durch die Verordnung (EU) 2024/858 eine Reihe von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln verboten und eingeschränkt (dazu unter I.). Daneben wurde das Borderline Manual, das Normadressaten und zuständigen Behörden eine Orientierungshilfe bei der Einordnung von Produkten bietet, aktualisiert und um zwei neue Einträge erweitert (dazu unter II.). Dieser Beitrag stellt die genannten aktuellen Entwicklungen im Einzelnen vor.

I. Verordnung (EU) 2024/858 – Einführung neuer Einschränkungen und Verbote für Nanomaterialien

Die Verordnung (EU) 2024/858 (im Folgenden „Änderungs-VO“) enthält zahlreiche Verbote und Einschränkungen für die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. k) Kosmetik-VO handelt es sich bei einem „Nanomaterial“ um ein unlösliches oder biologisch beständiges und absichtlich hergestelltes Material mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen oder einer inneren Struktur in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern.

Nach Art. 16 Abs. 1 Kosmetik-VO muss für jedes kosmetische Mittel, das Nanomaterialien enthält, ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Verbrauchersicherheit“ (SCCS) und bei Bestehen eines potentiellen Risikos für die menschliche Gesundheit, auch wenn unzureichende Daten vorliegen, räumt Art. 16 Abs. 6 Kosmetik-VO der Europäischen Kommission die Befugnis ein, die Verwendung von Nanomaterialien in den Anhängen II und III Kosmetik-VO zu beschränken oder gänzlich zu verbieten.

1. Neue Verbote für Nanomaterialien

Von ebendieser Befugnis hat die Europäische Kommission mit der Änderungs-VO vom 14.03.2024 Gebrauch gemacht und unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Gutachten des SCCS in den Zeiträumen zwischen Januar 2021 und März 2023 folgende Nanomaterialien mit Aufnahme in Anhang II der Kosmetik-VO verboten:

  • Styrol-Acrylat-Copolymer (nano), Natriumstyrol-Acrylat-Copolymer (CAS-Nr. 9010-92-8);
  • Kolloidales Silber (nano) (CAS-Nr. 7440-22-4);
  • Kupfer (nano), kolloidales Kupfer (nano) (CAS-Nr. 774-50-8);
  • Gold (nano), kolloidales Gold (nano) (CAS-Nr. 7440-57-5);
  • Goldthiothylamin-Hyaluronsäure (nano) (CAS-Nr. 1360157-34-1);
  • Acetylheptapeptid-9-kolloidalem Gold (nano) (CAS-Nr. nicht angegeben);
  • Paltin (nano), kolloidalem Platin (nano) (CAS-Nr. 7440-06-4);
  • Acetyltetrapeptid-17-kolloidalem Platin (nano) (CAS-Nr. nicht angegeben).

Allen vorgenannten Nanomaterialien ist gemein, dass sie bei einer gemeinsamen Berücksichtigung der physikalisch-chemischen und toxikologischen Aspekte sowie der Expositionsaspekte bei der Verwendung in kosmetischen Mitteln für die Verbraucher ein Gesundheitsrisiko darstellen können (vgl. Erwägungsgründe (2) bis (5) der Änderungs-VO).

2. Neue Einschränkungen für Nanomaterialien

Des Weiteren sieht die Europäische Kommission in der Änderungs-VO eine Einschränkung von Hydroxyapatit (nano) (CAS-Nr. 1306-06-5/12167-74-7) vor. Dem wissenschaftlichen Gutachten des SCCS zufolge soll Hydroxyapatit (nano) bei Verwendung in Konzentrationen von bis zu 10 % in Zahnpasten und bis zu 0,465 % in Mundspülungen sicher sein. Allerdings würden keine Daten vorliegen, die eine Bewertung der Sicherheit der Verbraucher vor Exposition durch Inhalation ermöglichen würden, weshalb der SCCS in seinem Gutachten betonte, dass seine Schlussfolgerungen nicht für sprühbare Produkte gelten, die durch Inhalation zu einer Exposition der Lunge des Verbrauchers gegenüber Nanopartikeln führen könnten (vgl. Erwägungsgrund (6) der Änderungs-VO). Demzufolge berge die Verwendung von Hydroxyapatit (nano) in kosmetischen Mitteln ein potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Verwendung dieses Nanomaterials mit der Aufnahme in Anhang III der Kosmetik-VO eingeschränkt, wenn die Konzentration dieses Stoffes die genannten Werte in Zahnpasten und Mundspülungen überschreitet oder wenn er in sprühbaren Produkten verwendet wird, die durch Inhalation zu einer Exposition der Lunge des Verbrauchers gegenüber Nanopartikeln führen könnten.

3. Übergangsfristen

Damit betroffene Wirtschaftsakteure ausreichend Zeit haben, um die neuen Einschränkungen und Verbote einzuhalten, sieht die Änderungs-VO schließlich Übergangsfristen vor. Die Übergangsfristen finden sich in der Fußnote „(*)“ zum Anhang der Änderungs-VO und sehen vor, dass kosmetische Mittel, die die betreffenden Nanomaterialien enthalten und bei denen die Einschränkungen und/oder Verbote nicht eingehalten werden, ab dem 01.02.2025 nicht mehr in der Union in Verkehr gebracht und ab dem 01.11.2025 nicht mehr auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden dürfen.

II. Aktualisierung des Borderline Manuals

Bereits am 20.02.2024 veröffentlichte die Europäische Kommission eine aktualisierte Version des Borderline Manuals auf ihrer Website. Es handelt sich dabei um ein Handbuch, das von einer auf Kosmetikprodukte spezialisierte Arbeitsgruppe erstellt wird und sowohl für Normadressaten als auch für zuständige Behörden bei produktbezogenen Abgrenzungsfragen eine Orientierungshilfe bieten soll. Es handelt sich hierbei zwar explizit um unverbindliche Vorgaben; diese können jedoch von den Gerichten in einem Streitfall zur Auslegung herangezogen werden und damit mittelbar faktische Geltung erlangen.

Die Orientierungshilfe bezieht sich konkret auf die Frage, ob eine Produktgruppe in den Anwendungsbereich der Kosmetik-VO fällt oder nicht. Für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Kosmetik-VO muss es sich bei dem in Frage stehenden Produkt um ein „kosmetisches Mittel“ handeln (Art. 1 Kosmetik-VO). Nach der Legaldefinition des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Kosmetik-VO handelt es sich bei „kosmetischen Mitteln“ um Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleichhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen.

Die aktualisierte Fassung enthält nunmehr folgende zwei neue Einträge:

  • Abschnitt 358 enthält eine Einordnungshilfe für Kleber bzw. Klebstoffe („Glues/Adhesives“) zum Befestigen von Gegenständen wie künstlichen Nägeln, falschen Wimpern und Schmuck an Zähnen etc. Ausgehend von der Legaldefinition eines kosmetischen Mittels stellt die Arbeitsgruppe klar, dass Kleber bzw. Klebstoffe, die ausschließlich die Funktion haben, einen Gegenstand an einem äußeren Körperteil wie etwa am Augenlid oder an der Nagelplatte zu befestigen, nicht als kosmetisches Mittel angesehen werden können, da sie keine kosmetische Funktion haben. Die Hauptfunktion besteht vielmehr darin, das Produkt am Körper zu fixieren.
  • Abschnitt 359 adressiert die Einordnung magnetischer Augenkonturenstifte („Magnetic eyeliners“). Es handelt sich hierbei um Produkte, die wie ein normaler Eyeliner oberhalb des Wimpernkranzes aufgetragen werden, jedoch zugleich die Befestigung falscher Wimpern auf dem Augenlid ermöglichen. Solange es sich dabei um einen farbigen magnetischen Augenkonturenstift handelt, der es ermöglicht, im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) Kosmetik-VO das Aussehen, hier der Augenpartie, zu verändern, kann er als kosmetisches Mittel eingestuft werden.

Ausblick

Durch die Zunahme stoffbezogener Erkenntnisse, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der geplanten Stärkung des europäischen Bewertungsansatzes „Ein Stoff, eine Bewertung“, werden Stoffbeschränkungen und -verbote voraussichtlich auch im Rahmen der Kosmetik-VO zunehmen. Konkrete Veränderungen werden zwar teilweise durch Anpassungen der CLP-Verordnung vorgezeichnet, können sich aber auch aus anderen Kontexten ergeben. Insbesondere für verantwortliche Personen nach der Kosmetik-VO wird es daher immer wichtiger, ein umfassendes und auch vorausschauendes, stoffbezogenes Monitoring vorzuhalten oder zu etablieren.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Zeynep Schreitmüller oder  Michael Öttinger

Neue Stoffverbote und -beschränkungen im Kosmetikrecht

Obwohl die bereits letztes Jahr angekündigte, umfassende Überarbeitung der EU-Kosmetikverordnung inzwischen wohl auf das Jahr 2025 verschoben sein dürfte, stehen die Entwicklungen insbesondere zu verbotenen und beschränkten Inhaltsstoffen in kosmetischen Mitteln nicht still.

Derzeit stehen die durch die medial viel beachtete Verordnung (EU) 2023/2055 der Kommission vom 25. September 2023 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich synthetischer Polymermikropartikel eingeführten, zahlreichen Stoffbeschränkungen in Bezug auf Mikroplastik im Fokus. Die Änderungen betreffen zwar die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-VO), werden jedoch auch für kosmetische Mittel – zum Teil bereits ab dem 17.10.2023 – gelten (dazu werden wir zeitnah einen separaten Blog-Beitrag veröffentlichen). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Stoffbeschränkungen für kosmetische Mittel, die auf der Grundlage der Verordnung (EG) 1223/2009 (KosmetikVO) erfolgen, ausschließlich auf den Schutz der menschlichen Gesundheit abzielen. Daher können und müssen Stoffe in kosmetischen Mitteln, die zugleich zu Umweltgefährdungen führen, ebenfalls beschränkt werden. Diese Beschränkungen erfolgen daher über das Instrumentarium der REACH-VO. Somit sind stets beide Rechtsregime im Hinblick auf anwendbare Stoffbeschränkungen zu beachten.

Neben den genannten Stoffbeschränkungen unter der REACH-VO sollten Betroffene jedoch auch weitere Neuerungen im Kosmetikrecht im Blick behalten. Dieser Beitrag stellt daher die letzten Änderungen der KosmetikVO durch die Verordnung (EU) 2023/1490 in Bezug auf CMR-Stoffe (dazu unter I.) und durch die Verordnung (EU) 2023/1545 in Bezug auf allergieauslösende Duftstoffe (dazu unter II.) vor.

I. Verordnung (EU) 2023/1490 – Einführung neuer CMR-Stoffe

Die Verordnung (EU) 2023/1490 dient der Wahrung der Rechtssicherheit durch die kosmetikrechtliche Übernahme von Einstufungsentscheidungen nach der CLP-Verordnung.

1. Einordnung der VO innerhalb der europäischen Regelungsarchitektur für gefährliche Stoffe

Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-VO) legt einheitliche Anforderungen für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von chemischen Stoffen und Gemischen gemäß dem Global Harmonisierten System der Vereinten Nationen (GHS) fest. Nach ihrem Erwägungsgrund (1) soll die CLP-VO ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen, den freien Verkehr von chemischen Stoffen, Gemischen und bestimmten spezifischen Erzeugnissen gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern.

Zu diesem Zwecke sieht die CLP-VO im Teil 3 ihres Anhang VI eine harmonisierte Einstufung von Stoffen als karzinogen, mutagen und/oder reproduktionstoxisch (CMR) auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung durch den Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vor. Die Stoffe werden entsprechend dem Evidenzgrad ihrer CMR-Eigenschaften als CMR-Stoff der Kategorie 1A (Stoffe, die bekanntermaßen karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch sind), der Kategorie 1B (Stoffe, die wahrscheinlich karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch sind) oder der Kategorie 2 (Stoffe, bei denen ein Verdacht besteht, dass sie karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch sind) eingestuft.

Zwar sind kosmetische Mittel im Sinne der KosmetikVO gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. c) CLP-VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich der CLP-VO ausgenommen. Allerdings nimmt Art. 15 Abs. 1, 2 KosmetikVO seinerseits Bezug auf die CLP-VO. Nach dieser Vorschrift ist die Verwendung von Stoffen, die gemäß Teil 3 des Anhangs VI der CLP-VO als CMR-Stoffe der Kategorie 2 sowie der Kategorien 1A oder 1B eingestuft sind, in kosmetischen Mitteln grundsätzlich verboten.

Die Europäische Kommission stuft im Rahmen der CLP-VO regelmäßig neue CMR-Stoffe ein, die anschließend mit Hilfe von Verordnungen zur Änderung der Kosmetik-VO in Anhang II der KosmetikVO überführt werden. Damit soll trotz der Bereichsausnahme der CLP-VO für kosmetische Mittel ein regulatorischer Gleichlauf hinsichtlich der Auflistung von CMR-Stoffen im Sinne einer größeren Rechtssicherheit hergestellt werden.

2. Grundlage und Inhalt der Verordnung (EU) 2023/1490

Mit der Verordnung (EU) 2023/1490, auch „CMR-Omnibus-Verordnung“ genannt, wird die KosmetikVO im Anschluss an Einstufungsentscheidungen nach der CLP-VO geändert, indem neue CMR-Stoffe aufgenommen werden, deren Verwendung in kosmetischen Mitteln verboten wird. Die mit der Verordnung (EU) 2023/1490 eingeführten Änderungen der KosmetikVO gelten ab dem 01.12.2023.

Zurückzuführen ist diese Änderung der KosmetikVO auf die Delegierte Verordnung (EU) 2022/692 vom 16.02.2022 zur Änderung der CLP-Verordnung zum Zwecke der Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, die am 03.05.2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Die Delegierte Verordnung erweitert die in Anhang VI der CLP-VO enthaltene Liste um insgesamt 39 neue harmonisierte CMR-Stoffe, ändert die Einstufung von 17 bereits im Anhang VI enthaltenen CMR-Stoffen und streicht einen in der Liste enthaltenen CMR-Stoff.

Nach Erwägungsgrund (7) der Verordnung (EU) 2023/1490 war bislang keiner dieser neu eingestuften CMR-Stoffe in der Liste der in kosmetischen Mitteln verbotenen Stoffe nach Anhang II der KosmetikVO aufgeführt. Allein der Stoff 2- Ethylhexansäure (CAS-Nr. 149-57-5) ist in Anhang II aufgeführt – allerdings sind die Salze dieses Stoffes, die durch die Delegierte Verordnung (EU) 2022/692 nun ebenfalls als CMR-Stoff der Kategorie 1B eingestuft werden, nicht in diesem Eintrag enthalten. Damit das Verbot von CMR-Stoffen im Binnenmarkt einheitlich umgesetzt, für Rechtssicherheit gesorgt und ein hohes Schutzniveau für die menschlichen Gesundheit sichergestellt wird, sollen diese Änderungen daher durch die Verordnung (EU) 2023/1490 in den Anhang II der Kosmetik-VO übertragen werden. Die Verordnung (EU) 2023/1490 ändert die KosmetikVO folglich dahingehend, dass insgesamt 30 der 39 neu eingestuften CMR-Stoffe und die Salze des Stoffes 2-Ethylhexansäure (im schon bestehenden Eintrag 1024) in Anhang II der KosmetikVO aufgenommen werden.

Die in der Praxis wohl relevantesten Neuaufnahmen betreffen die Inhaltsstoffe Benzophenon (CAS-Nr. 119-61-9) und Pentasodium Pentetate (CAS-Nr. 140-01-2). Insbesondere Benzophenon ist regelmäßig in Cremes, Shampoos, Parfüms und in Seifen zu finden. Die Hersteller der betroffenen kosmetischen Mittel werden daher spätestens ab dem 01.12.2023 jeweils eine geänderte Formulierung verwenden müssen.

II. Verordnung (EU) 2023/1545 – Erweiterte Kennzeichnungspflichten allergieauslösender Duftstoffe

Die Verordnung (EU) 2023/1545 zur Änderung der KosmetikVO hinsichtlich der Kennzeichnung allergieauslösender Duftstoffe in kosmetischen Mitteln wurde am 26.07.2023 erlassen und gilt seit dem 15.08.2023.

1. Regelungsziel der VO

Ausweislich ihres Erwägungsgrundes (3) ist Ziel der Verordnung, die gesamte Bevölkerung vor der Entwicklung von Duftstoffallergien im Allgemeinen (Primärprävention) und Personen, die bereits gegenüber einem Allergen sensibilisiert sind, vor dem Auftreten von Allergiesymptomen im Besonderen (Sekundärprävention) zu schützen.

Zur Erreichung des Ziels sieht Erwägungsgrund (4) der Verordnung Folgendes vor: Zur Primärprävention erachtet die Europäische Kommission eine Beschränkung allergieauslösender Duftstoffe unter Umständen als ausreichend. Bei sensibilisierten Personen können jedoch auch dann Symptome auftreten, wenn sie Allergenen in einer Konzentration ausgesetzt sind, die unter den zulässigen Höchstwerten liegt. Daher ist es der Kommission zufolge im Rahmen der Sekundärprävention wichtig, Informationen über das Vorhandensein einzelner allergieauslösender Duftstoffe in kosmetischen Mitteln bereitzustellen, damit sensibilisierte Personen den Kontakt mit dem Stoff, auf den sie allergisch reagieren, vermeiden können.

2. Hintergrund und Inhalt der Verordnung (EU) 2023/1545

Art. 19 Abs. 1 lit. g) Kosmetik-VO sieht bereits entsprechende Informationspflichten vor. Danach darf ein kosmetisches Mittel nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn eine Liste der Bestandteile auf seiner Verpackung erscheint. Die Vorschrift stellt ferner klar, dass auch Riech- und Aromastoffe und ihre Ausgangsstoffe mit den Begriffen „Parfum“ oder „Aroma“ als Bestandteile anzugeben sind. Zusätzlich zu den Begriffen „Parfüm“ oder „Aroma“ ist auch das Vorhandensein von Stoffen anzugeben, die gemäß der Spalte „Sonstige“ in Anhang III KosmetikVO auf der Verpackung aufgeführt werden müssen. Derzeit sind 24 allergieauslösende Duftstoffe, die in den Einträgen 45 und 67 bis 92 des Anhangs III der KosmetikVO aufgeführt sind, in der Liste der Bestandteile anzugeben.

Bereits im Juni 2012 bestätigte der Wissenschaftliche Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ (SCCS) auf Ersuchen der Kommission, dass die in den genannten Einträgen des Anhangs III der KosmetikVO aufgeführten allergieauslösenden Duftstoffe nach wie vor relevant sind. Darüber hinaus wurden 56 weitere allergieauslösende Duftstoffe ermittelt, die beim Menschen eindeutig Allergien verursacht haben und die derzeit unter der KosmetikVO nicht einzeln gekennzeichnet werden müssen (vgl. Erwägungsgrund [6] der Verordnung).

Die Europäische Kommission nimmt nunmehr die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Verbrauchersicherheit“ (SCCS) zum Anlass, um den Anhang III der KosmetikVO – entsprechend den wissenschaftlichen Erkenntnissen – um diese 56 allergieauslösende Duftstoffe zu erweitern. Daher ist nun mit der Verordnung (EU) 2023/1545 in Anhang III der KosmetikVO eine Verpflichtung aufgenommen worden, diese allergieauslösenden Duftstoffe einzeln zu kennzeichnen, wenn sie in einer Konzentration von mehr als 0,001 % in Mitteln, die auf der Haut/in den Haaren verbleiben, und von mehr als 0,01 % in auszuspülenden/abzuspülenden Mitteln vorhanden sind.

Im Zuge der Aktualisierung dieser Liste wurden auch bereits bestehende Einträge zu allergieauslösenden Duftstoffen aus Gründen der Kohärenz und Klarheit begrifflich und strukturell überarbeitet. So wurden nach Erwägungsgrund (8) der Verordnung (EU) 2023/1545 gemeinsame Bezeichnungen der Stoffe an die letzte Fassung des Glossars auf Basis von Art. 33 KosmetikVO (Durchführungsbeschluss (EU) 2022/677 der Kommission vom 31. März 2022 zur Festlegung von Vorschriften zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Glossars der gemeinsamen Bezeichnungen von Bestandteilen zur Verwendung bei der Kennzeichnung kosmetischer Mittel) angeglichen und ähnliche Stoffe in gemeinsamen Einträgen zusammengefasst.

3. Übergangsfristen

Die Aktualisierung der Liste allergieauslösender Duftstoffe führt dazu, dass Einträge in Anhang III der KosmetikVO durch eine Kombination bestehender und neuer Beschränkungen erstellt werden. Aus diesem Grund sieht die Verordnung (EU) 2023/1545 Übergangsfristen für Wirtschaftsakteure vor, damit diese neben der Anwendung der bereits bestehenden Beschränkungen ausreichend Zeit haben, um die neuen Beschränkungen einzuhalten und in der Kennzeichnung umzusetzen.

Die Übergangsfristen sind dabei nach der Fußnote „(*)“ zum Anhang der Verordnung (EU) 2023/1545 wie folgt ausgestaltet:

  • Kosmetische Mittel, die die betreffenden Stoffe enthalten und bei denen die Beschränkung/en nicht eingehalten wird/werden, dürfen bis zum 31.07.2026 in der Union in Verkehr gebracht und bis zum 31.07.2028 auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden.
  • Damit wird den Wirtschaftsakteure ab dem 31.07.2026 eine angemessene Frist von zwei Jahren eingeräumt, um kosmetische Mittel, die den neuen Anforderungen nicht entsprechen, die aber vor dem Geltungsbeginn der neuen Kennzeichnungsvorschriften in Verkehr gebracht wurden, vom Markt zu nehmen, falls sie nicht in dieser Zeit abverkauft werden.

III. Ausblick – Konsequenzen für die Wirtschaftsakteure

Aufgrund der aktuellen Änderungen sowohl der KosmetikVO selbst als auch der REACH-VO werden insbesondere alle Hersteller und Importeure in der Rolle als verantwortliche Personen von kosmetischen Mitteln prüfen müssen, ob diese ab dem jeweiligen Geltungsbeginn der neuen Vorgaben weiterhin ohne Anpassungen verkehrsfähig sind. Andernfalls sollte die Umformulierung und die möglicherweise erforderliche Anpassung der Kennzeichnung mit ausreichendem Vorlauf entsprechend der jeweiligen Übergangsfrist geplant werden. Dies gilt umso mehr für Private-Label-Hersteller, die für die Abstimmung mit ihren jeweiligen Auftragsfertigern noch mehr Zeit einplanen müssen.

Haben Sie hierzu Fragen oder wollen Sie mit dem Autor über die News diskutieren? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Zeynep Schreitmüller oder  Michael Öttinger

16. Oktober 2023 Dr. Zeynep Schreitmüller